Illustriertes Familienblatt. - Begründet v->„ Ernst Keil 1853.
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L- 1890.
WM
I t a in m e n z e i ch e n
Aoinan von G. Wevnev.
Me Rechte Vorbehalten.
urch die grauen Nebel des Herbstmorgens zog ein Schwarm voll Wandervögeln. Wie zum Abschi edSgruße strich eil sie iloch einmal dicht über die Wipfel der heimischen Föhrenwälder hin, dann hoben sie sich hoch empor, wandten ihren Flug dem Süden zu und verschwanden langsam iil der umschleierten Ferne.
Aus einem der Fenster des mächtigen schloßartigen Gebäudes, das am Rande der Forsten lag, blickte ein Paar Augen jenem Fluge nachj die ernsten, düstern Allgell eines Mannes, der im Gespräche mit einem andern Herrn am Fenster stand.
Es war eine hohe, markige- Gestalt, mit nicht schönen, aber ausdrucksvolleil Zügen, blond und blauäugig, eine echt germanische Erscheinung; aber es lag etwas wie ein Schatten auf diesen Zügen, und die hohe Stirn war tiefer gefurcht, als es die Jahre des Mannes mit sich brachten, dessen straffe Haltung auch ohne die Uniform, die er trug, den Soldaten verrathen hätte.
„Da ziehen schon die Wandervögel!" sagte er, auf den Schwarm deutend, der immer weiter und weiter entschwand lllld sich endlich in den Nebel- Wolken verlor. „ Der Herbst ist da, in der Natur —- und wohl auch in unserem Leben!"
„In dem Deinigen doch nicht!" warf sein Geführte ein. „Dil stehst ja erst in der Mittagshöhe dieses Lebens, in der vollsten Manneskraft."
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„Den Jahren nach allerdings, aber ich habe ein Gefühl, als wurde mir das Alter früher nahen als jedem andern. Mir
ist oft recht herbstlich zu Mnthe."
Der andere Herr, der einige Jahre älter sein mochte, eine schmächtige, mittelgroße Gestalt ill Civilkleidung, schüttelte llllmuthig dell Kopf. Er sah auf den erstell Blick fast unbedeutend ans neben der kraftvollen Erscheinung des Offiziers, aber das blasse, scharfgezeichnete Gesicht hatte einen Ausdruck kalter, über legener Ruhe, und der sar kastische Zug um die schma len Appell verrieth, daß sich hinter der kühlen Vornehm heit, die sich ill der Haltung und dem ganzen Wesen aussprach, wohl noch etwas an deres, Bedeutenderes ' barg.
„Du nimmst das Leben zu schwer, Falkenried," sagte er tadelnd. „Du hast Dich überhaupt seltsam verändert in den letzten Jahren. Wer Dich einst als jungen, lebensfrohen Offizier gesehen hat, würde Dich jetzt nicht wie^ dererkennen. Und weshalb das alles? Der Schatten, der einst Dein Leben verdüsterte, ist ja längst geschwunden. Du bist Soldat mit Leib und Seele, wirst bei jeder Gelegeilheit ausgezeichnet, eine bedeutende Stellung ist Dir für die Zukunft gewiß, ulld was die Hauptsache ist - - Dil hast Deinen Sohn behalten."
Falkenried antwortete nicht, er kreuzte die Arme
Girterr Movgerr!