Heft 
(1890) 11
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165
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M 11.

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1890 .

Illustriertes Lamilienblatt. - Begründet von Krnst Keil 1853.

Ln Wochennnmmern vierteljährlich 1 Mark 60 Pf. Ln Halbheiten, jährlich 28 Hallcheste ä 25 Pf. Ln Heften: jährlich 14 Hefte ä 50 Pf.

(Fortsetzung.)

A 1 am m e n z e i ch e n.

Noman von G. Mevrrev.

Alle Rechte Vorbehalten.

^ Antonie und Marietta unterhielten sich von der bevorstehenden

Ankunft des Hofes, und erstere, die in Toilettensachen sehr wenig Geschmack besaß, hatte den Rath der Freundin erbeten, der ihr auch bereitwillig ertheilt wurde. .

Was Du zu dem Kleide nehmen sollst?" fragte Marietta. Natürlich Rosen, weiße oder mattfarbige Rosen, sie werden sich sehr gut ausnehmen zu dem zarten Blau."

Ich mag aber die Rosen nicht," erklärte Toni.Ich wollte Astern nehmen"

Warum nicht lieber gar Sonnenblumen! Willst Du als junges Mädchen und als Braut durchaus herbstlich erscheinen? Und wie kann man überhaupt die Rosen nicht mögen? Ich liebe sie leidenschaftlich und verwende sie bei jeder Gelegenheit. Ich hätte heute abend in der Gesellschaft beim Bürgermeister gern eine frische Rose im Haar getragen und bin ganz unglücklich darüber, daß in Waldhofen keine mehr aufzutreiben ist. Es ist freilich schon spät im Jahre."

Der Schloßgärtner hat im Treibhause einen blühenden Rosen­baum," bemerkte An­tonie in ihrer schläf­rigen Art, die einen so scharfen Gegensatz zu der Lebendigkeit ihrer Jugendfreundin bildete. Diese schüt­telte lachend den Kopf.

Nun, der ist ver- muthlich für die Frau Herzogin bestimmt, und da darf sich unser­eins nicht unterfan­gen, um eineBlüthezu betteln. Was hilft's, ich muß darauf ver­zichten! Um nun wie­der auf die Toiletten­frage zu kommen dabei sind Sie aber ei­gentlich ganz überflüs­sig, Herr von Eschen­hagen; Sie verstehen ja gar nichts davon und müssen sich sträf­lich dabei langweilen.

Trotzdem wanken und 11

Ile Kapelle an der Gotthardstraße.

Nach einer Skizze von C. Käsli-Schnltheiß gezeichnet von R. Püttner.

weichen Sie nicht und was habe ich denn überhaupt so Merk­würdiges an mir, daß Sie mich fortwährend ansehen?"

Die Worte klangen sehr ungnädig; Willy erschrak, denn der letzte Vorwurf war nur zu begründet. Er hatte darüber nach­gedacht, wie sich eine frische, halberschlossene Rose in dem krausen dunklen Gelock ausnehmen würde, und dabei allerdings dies Gelock und den dazu gehörigen Kopf einer eingehenden Betrachtung unter­zogen, was seiner Braut völlig entging.

Ja, Willy, geh'!" sagte diese gutmüthig.Du langweilst Dich wirklich bei unseren Putzgeschichten, und ich habe noch viel mit Marietta zu besprechen."

Wie Du meinst, liebe Toni," versetzte der junge Majorats­herr,aber ich darf doch wiederkommen?"

Natürlich, sobald Du willst!"

Willibald ging. Es siel ihm gar nicht ein, daß er dabei seinen Posten vernachlässigte, er dachte an etwas ganz anderes, als er noch einige Minuten in dem kleinen Vorzimmer stand. Infolge dieses Nachdenkens stieg er endlich die Treppe hinunter und

lenkte seine Schritte geradeswegs nach der Wohnung des Schloß gärtners.

Kaum war er fort, so sprang Marietta auf und rief mit ko Mischer Verzweiflung : Gott im Himmel, was seid Ihr für ein langweiliges Braut paar!"

Aber Marietta!" sagte Toni verletzt.

Ja, ob Du das übelnimmst oder nicht, ich erkläre es für ein Frenndschaftsopfer, wenn ich in Eurer Nähe aushalte, und ich hatte mich auf eine so lustige Zeit gefreut, als ich hörte, daß Du verlobt seist! Du warst zwar nie besonders lebhaft, aber Dei­nem Herrn Bräutigam

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