(Brief an Friedlaender vom 26. 1. 1887 [Nr. 74, S. 67]) merkte Fontane an, daß sein „Bismarck-Enthusiasmus" ins Wanken geraten sei, u. am 1. 5.. 1890 (Brief an Friedlaender INr. 126, S. 125] stellt er lapidar fest: „Es ist ein Glück, daß wir ihn los sind . .. “ Nachträglich nahm seine Kritik an Bismarck sogar noch an Schärfe zu, indem er etwa am 5. 8. 1893 an August v. Heyden schrieb (HA, IV, Nr. 285, 272): „ . . . man muß sich immer wieder all das Riesengroße zurückrufen, was er genialisch zusammengemogelt hat, um durch diese von den krassesten Widersprüchen getragenen Mogeleien nicht abgestoßen zu werden.“ Und das Widerspruchsvolle an Bismarck, das bei Fontane in immer neuen Formulierungen Ausdruck findet (Müller-Seidel, S. 188-89), zeigt sich besonders gut in einem späteren Brief an Mete vom 1. 4. 1895 (Propyläen, II, Nr. 359, 327): „Diese Mischung von Uebermensch und Schlauberger, von Staatengründer und Pferdestall-Steuerverweigerer, . . . von Heros und Heulhuber . .. erfüllt mich mit gemischten Gefühlen .. . Etwas fehlt ihm und gerade das, was recht eigentlich die Größe leiht.“ Leider behandelt Müller-Seidel die Abdankungsepisode Bismarcks nicht separat; vgl. hierzu allerdings Kurt Ihlenfelds Beitrag .Fontanes Umgang mit Bismarck. Zur Problematik des Verhältnisses zwischen Dichter und Politiker* in Der Bär von Berlin 22 (1973), der - unter Bezug auf Briefe an die Redakteure Gustav Keyßner (Münchner Neueste Nachrichten) vom 15. 3. 1895 (HA, IV, Nr. 449, 432-33) u. Ernst Heilborn (Vossische Zeitung) vom l. 8. 1898 (HA, IV, Nr. 852 , 737) - Fontanes „ungemein brüske Abwertung“ des 80. Geburtstages u. des Todes Bismarcks kommentiert (S. 61-63).
303 Zur Krise um Bismarcks Amtsrücktritt vgl. Lothar Gail, a. a. O., insbes. das Kapitel ,Das Ende*, S. 694-705: der Kaiser hatte spätestens ab 4. März 1890 - angesichts eines erneuten Frontenwechsels Bismarcks bzgl. der .Sozialistengesetzgebung* — den Eindruck gewonnen, daß der Kanzler prinzipienlos handle u. keine klare poltische Linie mehr verfolge u. war von da an entschlossen, Bismarcks Rücktritt zu erzwingen, der damit für den Kanzler nur noch unter entwürdigenden Umständen erfolgen konnte, insbes., da er es sich gefallen lassen mußte, daß der Kaiser zweimal, die demütigende Form der Entlassung unterstreichend, das Rücktrittsgesuch anmahnte, welches dann am Abend des 18. März 1890 eingereicht wurde.
304 Anspielung auf die Spannungen zwischen Bismarck und Kaiser Friedrich III. während dessen 99tägiger Regierungszeit (gest. am 15. 6. 1888), insbes. nach Bekanntgabe des Regierungsprogramms des neuen Kaisers (Thronbesteigung am 9. 3. 1888); vgl. dazu auch Bismarcks Erklärung in der Sitzung des Staatsministeriums vom 18. 3. 1888: „Meine Herren, ich fühle mich sehr erleichtert von der großen Besorgnis, mit einem todwunden Mann gegen unzweckmäßige Absichten kämpfen zu müssen. Alles geht leicht und angenehm mit dem hohen Herrn, wie ein Jeu de roulette . . . Nach früheren Äußerungen Sr. M. in jüngeren Jahren hat man befürchten müssen, daß S. M. allerlei abweichende Ziele verfolgen will. Das befürchte ich nicht mehr!“ (vgl. Eugen Wölbe: Kaiser Friedrich. Die Tragödie des Übergangenen [Hellerau b. Dresden: Avalun 1931], S. 267); angeblich soll Friedrich III. entsetzt gewesen sein, als die Mitteilung im Reichsanzeiger erschien.
305 Anspielung auf die ,Geffcken-Affäre‘, die durch die Veröffentlichung des .Kriegstagebuches* Friedrichs ni. im Oktober-Heft der Deutschen Rundschau im Jahre 1888 hervorgerufen wurde u. welche zu einer Rachekampagne Bismarcks gegen die sogen, .englische* Partei führte (Verhaftung Geflckens u. Prozeß vor dem Reichsgericht, der allerdings im Januar 1890 mit Freispruch endete, woraufhin Bismarck die Prozeßakten veröffentlichen ließ); vgl. hierzu auch Gisbert Beyerhaus: .Bismarck und Kaiser Friedrichs Tagebuch. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Liberalismus* in: Historische Aufsätze. Aloys Schulte zum 70. Geburtstag gewidmet von Schülern und Freunden (Düsseldorf: L. Schwann 1927), S. 314-27).
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306 Fritz Mauthner: Der Villenhof. Roman (Berlin W., Bd. 3) (Dresden/Leipzig: H. Minden 1890); vgl. dazu Maximilian Hardens Rez. ,Stine und Leontine* in Die Nation Nr. 45 (vom 9. 8. 1890), S. 678-80 u. die Rez. von Hch. L-r in Die Gesellschaft 6 (1890), 2, S. 1533—34, worin Mauthners Roman scharf kritisiert wird.
307 Es ist nicht bekannt, ob Fontane Mauthners Roman tatsächlich während des Sommerurlaubs in Krummhübel gelesen hat; eine Rez. konnte jedenfalls nicht ermittelt werden.
308 F. M.: ,Zolas neuester Roman* in Deutschland 1 (1890), 25 (vom 22. 3. 1890), S. 427-28; es handelt sich hierbei um La Böte Humaine (dt. Übersetzung: Die Bestie im Menschen; auszugsweise abgedr. in der Freien Bühne 1 [1890], 3, S. 88-96 [ab 19. 2. 1890]). Zu Fontanes .Lesespuren* aus Zolas Werk vgl. Werner Weber [Hrsg.]: Theodor Fontane. Schriften und Glossen zur Europäischen Lite-