Heft 
(1890) 19
Seite
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Personen, deren Sprechwerkzeuge, wozu auch die Zähne gehören, sich in gutem Zustande befinden, erst einzelne Laute, dann leichte Lautverbin­dungen vorsprechen und versuche dieselben abzulesen. Nun kommen Worte und kurze Sätze an die Reihe, es werden auch häufig vorkommende Redensarten re. geübt. Ein bekannter Vers oder ein bekanntes kurzes Gedicht oder eine bekannte kleine Erzählung wird langsam vorgesprochen und der Inhalt dann abgefragt. Ohne inneren Zusammenhang werden bald vom Ende, bald vom Anfänge daraus einzelne Worte, einzelne Sätze

gesprochen. Später wird ein längeres Lesestück, dessen Inhalt aber dem Schwerhörigen schon bekannt ist, in ähnlicher Weise durchgenommen. Zu­letzt werden auch vorher unbekannte Dinge besprochen.

So gewöhnt sich das Auge an scharfes Beobachten und lernt nach und nach die kleinen Unterschiede, die beim Sprechen sich am Munde, im ganzen Gesichte zeigen, festhalten. Entgeht ihm auch manchmal etwas, er wird den Zusammenhang errathen und immer sicherer in der Kunst des Ablesens vom Munde werden. K. H. Stöhner.

WlÄLLer und Wt'ütöen.

Gm Wättonaldenkmat für Bismarck. In dem Augenblick, da Fürst Bismarck aus seinen Aemtern und Würden als Kanzler des Deutschen Reichs und preußischer Ministerpräsident schied, hat sich auch der Gedanke geregt, dem großen Staatsmanne, der unser deutsches Vaterland zu dem gemacht hat, was es heute ist, als Ausdruck unverwelklicher Dankbarkeit ein Denkmal zu errichten. Hervorragende Männer aus allen Kreisen und allen Gegenden Deutschlands haben sich zusammengethan, diesen Gedanken zur Durchführung zu bringen, sie haben den Kaiser zum Protektor ihres Werkes gewonnen und wenden sich nunmehr mit einem warmen Aufruf an das deutsche Volk, das Seinige zum Gelingen des vaterländischen Unternehmens beizutragen. Es heißt in dem Aufruf:

Der weltgeschichtliche Augenblick ist gekommen: Fürst Bismarck, der mit Kaiser Wilhelm dem Siegreichen als dessen Kanzler heldenkräftig das Deutsche Reich zusammenschmiedete, er, auf den die Völker des Erd­kreises Hinblicken als auf den größten Staatsmann seiner Zeit, er ist aus dem Amt geschieden, welches er ein Vierteljahrhundert hindurch mit der Erleuchtung des Genies, mit der unwiderstehlichen Macht eines gewaltigen Charakters geführt hat.

Lebhafter denn je durchglüht die deutschen Herzen in diesem Wende­punkte der Geschichte unseres Volkes das Gefühl dessen, was der Gewaltige uns gewesen, dessen, was er für uns geleistet, und die Begeisterung und Dankbarkeit, die Liebe und Verehrung von ganz Deutschland, sie ringen nach einem Ausdruck, um unseren großen Kanzler bei seinem Abschied würdig zu feiern.

Aus denn, Ihr Deutschen von Nord und Süd, vergessen sei in diesem Augenblick der Zwiespalt der Parteien, der Widerspruch der Meinungen; die Flamme reinster Dankbarkeit allein, sie lodere auf in unfern Herzen. Reichen wir uns die Hände, um dein Führer zur Einheit Deutschlands unfern Dank darzubriugen. Und wie könnte das würdiger geschehen, als dadurch, daß ihm ein Nationaldenkmal errichtet würde in der Reichs- Hauptstadt, der Stätte seines Wirkens. Darum also, die Herzen auf, die Hände auf, gebt und bauet mit an dem Denkmal, das künftigen Geschlechtern erzählen soll von der Größe des ersten deutschen Reichskanzlers, von der tiefglühenden, unauslöschlichen Dankbarkeit des deutschen Volkes."

) Wertes vom Spargel'. Der Braunschweiger Spargel genießt mit vollem Recht seinen ausgezeichneten Ruf, denn er ist die Krone aller Spargelsorten, und schon seit geraumer Zeit bezieht man von Braun­schweig Samen und Pflanzen dieses Spargels. Freilich, der Same und die Pflanze allein thun es nicht, es muß noch die richtige Pflege dazu kommen, wenn man auch anderwärts den Braunschweiger Spargel in seiner echten Vorzüglichkeit erzielen will. Bor einigen Jahren hat vr. E. Brinckmeier in seinemBraunschweiger Spargelbuch" die nöthige Anleitung zum richtigen Spargelbau gegeben, und das Buch hat sich viele Freunde erworben. Nachträglich wurde es auf der vorjährigenInter­nationalen Gartenbau-Ausstellung" in Köln mit dem ersten Preis als das beste vorhandene Spargelbuch ausgezeichnet; die beste Empfehlung für dasselbe dürfte aber derVorwurf" sein, den einige Brannschweiger Spargelzüchter dem Verfasser gemacht haben der Vorwurf, daß er durch sein Buch dasGeheimniß" der Braunschweiger Spargelzucht zum Gemeingut gemacht habe. Ein Schaden ist den Braunschweigern daraus nicht erwachsen und wird ihnen in absehbarer Zeit nicht erwachsen können; denn die Nachfrage nach Spargeln ist immer noch so groß, daß sie kaum mit der erzeugten Ware befriedigt werden kann. Bedenkt man aber, daß bei zweckmäßiger Spargelzucht ein Morgen Boden einen Reinertrag vor: 1400 bis 1500 Mark liefern kann, so muß die Verbreitung der richtigen Kenntnisse vom Spargelbau als ein Verdienst um das all­gemeine Wohl angesehen werden.

Der Verfasser ist auch nicht müde, die Sache weiter zu verfolgen, und läßt soeben einen Nachtrag zu seinemBraunschweiger Spargelbuch" unter dem TitelNeueste Erfahrungen in der Spargelzucht" (Aug. Schröters Verlag in Ilmenau) erscheinen.

Unter den vielen wesentlichen Verbesserungen und beachtenswerthen Winken finden sich auch einige, welche sür die weiteren, die Spargel essenden Kreise von Wichtigkeit sind.

Schon früher hat Brinckmeier daraus hingewiesen, daß man die Spargelschalen nicht wegwerfen, sondern dieselben rasch an der Sonne oder im Ösen trocknen solle. Man bewahrt sie alsdann für den Winter auf und kann mit ihnen Suppen und Saucen einen frischen Spargelge­schmack geben, der den des Büchsenspargels bei weitem übertrifst. Man bringt die Schale zu diesem Zweck in einen reinen Gazebeutel und läßt sie darin in der Bouillon mitkochen. Nach neueren Erfahrungen, welche das Zweckmäßige dieses Verfahrens durchaus bestätigten, empfiehlt Brinck­meier, auch den ganz dünnen, sogenanntenSuppenspargel" in der gleichen Weise zu verwenden.

Außerdem tritt er auch für das Dörren des Spargels ein. Da dieses einfacher ist als das Einmachen in Büchsen, so dürfte es von unseren Hausfrauen gern versucht werden. Man hat früher den Spargel in der Regel ungeschält getrocknet, aber damit keine guten Erfolge erzielt, da die ganz trocken gewordene Schale das spätere Aufquellen verhinderte.

Weit besser ist es nun, den Spargel vor dem Trocknen zu schälen. Man nehme aber dazu nicht zu dünne Stangen. Man trockne ihn, nachdem er geschält, in der Sonne, auf der Herdplatte, in einem Trockenofen oder wo sich sonst Gelegenheit dazu bietet, und packe ihn, wenn er ganz zusammengetrocknet und dürr ist, in Kästen oder auch in Beutel, worin er zum Gebrauch für den Winter aufbewahrt wird. Will man ihn auf die Tafel bringen, so lege man ihn eine halbe Stunde irr kaltes Wasser und lasse ihn dann kochen, bis er völlig gar ist. Zur Versendung eignet sich dieser Spargel in getrocknetem Zustande nicht, da er sein weißes Aeußere nicht völlig behält, er bringt aber eine wohlthuende Abwechselung für den Familientisch zur Winterszeit und schmeckt ganz wie frischer, besser und kräftiger jedenfalls als der Büchsenspargel.

Merkwürdig ist endlich noch eine Verwendung der Spargelbeeren, die Brinckmeier empfiehlt. Er hat zwei Spargelzüchter veranlaßt, bei denjenigen Pflanzen, die nicht zur Samengewinnung dienen sollten, die Beeren zu entfernen, bevor dieselben reiften. Es sollten dadurch die Wurzeln der Pflanzen gekräftigt werden, und in der That ergab die Ernte der abgebeerten Beete viel schönere Stangen, als dies bei den nicht ab­gebeerten der Fall war. Die Beeren selbst aber ließ Brinckmeier trocknen und dann wie Kaffeebohnen behandeln, d. h. in einem Kaffeebrenner rösten, mahlen und mit heißem Wasser aufgießen oder besser noch eine Minute lang kochen. Dies ergab ein Getränk, dessen Geschmack und Wirksamkeit denen des echten Kaffees sehr nahe kommen, das aber jeden­falls viel zuträglicher als die Cichorie sein soll.

Wir schließen damit unsere Mittheilungen und verweisen alle, die genauer über die Einzelheiten unterrichtet werden möchten, aus das Büch­lein von Brinckmeier. DasNeue" ist sicher beachtenswertst und es kann jedermann leicht nach dieser Richtung hin Versuche anstellen. Vielleicht gelingt es diesem oder jenem, das Verfahren noch zu verbessern, und er wird dann hoffentlich auch seine Erfahrungen zum Genreingut machen. Namentlich was das Dörren des Spargels anbelangt, sollte man sich die Mühe nicht verdrießen lassen, dasselbe zu vervollkommnen; denn es dürfte mit der Zeit die zweckmäßigste und billigste Aufbewahrung der edlen Stangen für den Winter abgeben. *

Kleiner Briefkasten.

(Anfragen ohne volle Namensangave werden nicht berücksichtigt.)

O. St. in Bern. Darüber giebt^eine statistische Zusammenstellung des AachenerBerg-

Deutschland 355 706 ktz- Silber erzeugt gegen 326 293 kA im vorhergehenden Jahre und 298466 im Jahre 1886 und fast das Doppelte der Silbererzeugung im Jahre 1881. Den größten T^eil an der^Vermehrung hatte^m ^ahre^1888 ^der Aachener Bezirk; dieselbe ist

Angelegenheit zu erkundigen. PZ h ^ ) "h '

P. K. 100 in Zürich. Wir können Ihnen nur rathen, einen Rechtsanwalt in M. mit

de^ ^rtr^m:^^Jhrer z^l betrauern ^ ^ ^ ^ . ^^0

Br? in R/M. Das ^Uebel ^vermag nur der Arzt zu heilem der'Sie persönlich unter­suchen und die Art der Krankheit feststellen kann.

Th. E. in Darmstadt. Die Unterrichtsbriefe von Toussaint-Langenscheidt sind durch

1 K. G. in N. Sie finden über Ihre Fragen Auskunft in dem ArtikelDas neue Pasfiwsspi^lhaus^ in^berammer^gau^ in^Nr.^30 de^Jahrgangs l889^ der^,,Gartenlaube".

neuere Reisehandbuch vom Oberbayern Aufschluß. pfl g 3 h ss 8 jedes

P. St.. Friedrichshafen. Ihre Befürchtung ist unseres Erachtens unbegründet. Die Eisenbahnverwaltungen find nach dem Betriebsreglement verpflichtet, bei Ankunft der Züge

Anhalt: Madonna im Rosenhag. Roman von Reinhold Ortmann (Fortsetzung). S. 309. Deutsche Städtebilder. Würzburg. Von Max Haushofer. S. 315. Mit Abbildungen S. 309, 312, 313, 315, 316 und 317. Flammenzeichen. Roman von E. Werner (Fortsetzung). S. 319. Das letzte Kleinod. Bild. S. 321. Wie schön der Frühling ist? Gedicht von A. Nicolai. S. 323. Das Ablesen vom Munde. Von H. E. Stötzner S. 323. Blätter und Blüthen: Ein Nationaldenkmal für Bismarck. S. 324. >.«- Neues vom Spargel. S. 324. Kleiner Briefkasten S. 324.

Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adels Krön er. Verlag von Ernst Keil's Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig