auch Heyses Vermögen in Mitleidenschaft zu ziehen drohten .. . “ (S. 389); auch nachträglich kann Fontane seine Entrüstung nicht unterdrücken: „Die Juden bringen es fertig, im höchsten Maße feingeistig, auch wirklich ehrlich mit idealen Dingen beschäftigt zu sein, allerlei Gutes zu thun, zu geben und zu helfen und dabei beständig zu mogeln und auch direkt zu betrügen.“ (S. 312).
485 .König Otto* (ungez.) in Die Zukunft Jg. 6, Bd. 23 (vom 16. 4. 1898), S. 97-102; .Otto von Bayern' (ungez.) in Die Zukunft Jg. 6, Bd. 23 (vom 7. 5. 1899), S. 226-39).
486 In seinem ersten Artikel (vgl. Anm. 485) hatte Harden den Zustand des geisteskranken Regenten von Bayern beschrieben, den er einen „Irren in Purpur“ nannte (S. 99). der auf die Stufe der Tierheit abgesunken und „im Mannesalter wieder zum Kinde geworden [sei]“ (S. 101). während weiterhin in seinem Namen regiert würde. Infolge dieser Zeilen war Harden von einem Münchener Schöffengericht in erster Instanz zu einer Haftstrafe von zwei Wodien verurteilt worden, ein Urteil, das auch ln zweiter Instanz vom Münchener Landesgericht aufrecht erhalten wurde. In diesem Prozeß ging es vor allem um die Frage des sog. .ambulanten Gerichtsstandes* u. darum, ob Hardens detaillierte Angaben über den Zustand König Ottos von Bayern den Tatbestand des .groben Unfugs* erfüllten (vgl. dazu Anm. 487). Harden verteidigte sich in seinem zweiten Beitrag in der Zukunft (vgl. Anm. 485) u. beschwerte sich vor allem darüber, daß die Verurteilung eines Redakteurs durch ein Münchener Gericht für etwas, was er ln einer in Berlin erscheinenden Zeitschrift geschrieben hatte, einen Präzedenzfall ergeben würde, so daß bald Staatsanwälte im ganzen Reichsgebiet Journalisten gerichtlich verfolgen könnten; Fontane - indem er die enormen Reisekosten erwähnt, die Journalisten dadurch entstehen könnten - scheint sich Hardens Ansicht über den .unsinnigen ambulanten Gerichtsstand* (S. 228) angeschlossen zu haben.
487 Bzgl. des Anklagepunktes des .groben Unfugs* wurde von gerichtlicher Seite behauptet, Harden habe, indem er den König auf die gleiche Stufe mit einem Tier setzte, den Tatbestand des groben Unfugs erfüllt, während Harden darauf bestand, daß eine Stllfrage mit einer moralischen verwechselt worden sei (S. 231); letztlich ging es bei der Argumentation darum, ob es sich um ein .Preüvergehen* handle — wie Harden behauptete das gerichtlich nicht verfolgt werden könne, oder um „Belästigung des Publikums“ — wie der Staatsanwalt meinte (S. 234) ein Delikt welcher juristisch einer .Übertretung wegen groben Unfugs* entsprochen hätte. Harden - der die Prozeßakten fast vollständig in seinem zweiten Beitrag in der Zukunft abdruckte (.Der Fall Harden*, S. 229-36) — wurde für schuldig befunden (nachdem das Gericht sich für zuständig erklärt hatte) u. die Haftstrafe von 14 Tagen bestätigt (vgl. dazu auch •Das Urtheil lm Fall Harden* in Die Zukunft 6 [1898], 23 [vom 14. 5. 1898], S. 312-17 bzw. Otto Mittelstaedts Beitrag .Der Unfug der Presse* in Die Zukunft 6 [1898], 24 [vom 2. 7. 1898], S. 11-21).
488 Fontane bezieht sich sicher auf folgende Passagen in Hardens erstem Beitrag: -Denn er ist König. Mit seinem Bilde werden die Münzen geprägt und der Fremde . . . ahnt vielleicht gar nicht, daß er einen geistig unrettbar Erkrankten vor sich hat. In seinem Namen wird Recht gesprochen, werden Todesurteile verkündet und vollstreckt und ihn, den Unseligsten, sucht, bang verröchelnd, der letzte Ruf der aus der Menschengemeinschaft Gestoßenen, die vor der Grabesnacht schlotternd um Gnade winseln. Ihm leistet der ins Heer Eintretende den Eid der Treue, auf sein Haupt flehen die Priester am Altar den Segen des Höchsten herab.“ (S. 99).
Nr. 61
189 Vgl. Die Zukunft vom 18. Juni 1898; Harden selbst berichtet in seinem Beitrag .An den Kaiser* in der folgenden Nummer der Zukunft (S. 544), daß das Blatt konfisziert worden sei; daß Fontane diese Nummer kannte, folgt auch aus Mauthners Brief an Harden vom 13. 2. 1899 (Original im Bundesarchiv/Koblenz): „Sie wollten ja aber Briefe einsehen, Aeußerungen Fontane’s über den Pudel- Artikel, die Ihnen nach meiner Meinung nützlich gewesen wären.“ - Im März 1890 hatte Wilhelm II. die Parole des Neuen Kurses ausgegeben; der junge Harden, „der in der Korruption, im Byzantlsmus die Merkmale der spätbürgerlichen Gesellschaft sah“ (Weller. S. 107), befürchtete, daß der Kaiser auf falsche Berater hörte, die ihn in eine unverantwortliche Politik trieben: seitdem befand er sich auf Kollisionskurs mit der kaiserlichen Politik; 1893 wurde er zum erstenmal wegen angeblicher Majestätsbeleidigung gerichtlich verfolgt, jedoch freigesprochen; ab 1896 verschärfte er seine Kritik am Kaiser; laut Weller (S. 111)
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