Heft 
(1985) 39
Seite
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518 Der entscheidende Sieg über die Franzosen am 2. September 1870 wurde im Deutschen Reich bis 1918 als Feiertag begangen.

519 Bzgl. Fontanes Einstellung zu den Tschechen vgl. z. B. Der deutsche Krieg von 186«, Bd. 1: .Der Feldzug in Böhmen und Mähren* (Berlin: Ober-Hofbuch- druckerei 1870) - vgl. Peter Demetz positive Rez. .Das Kriegstagebuch eines Romantikers* der Reprint-Ausg. von 1979 (in Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2. 8. 1980) und die Reisebriefe vom Kriegsschauplatz Böhmen 1866, hrsg. von Christian Andree. a. a. O., worin Fontane sich als objektiver Gewährsmann für die damaligen tschechischen Verhältnisse erwies, der seinen Werken Authen­tizität verlieh (vgl. Andrees .Nachwort*, S. 91); Bestätigung findet dies ferner bei Erich Michel (.Theodor Fontane 1866 in Böhmen und Mähren* in Sudetenland H. 4 (1982), der betont, wie sehr sich Fontane bemühte, einen Einblick in die Kultur Böhmens zu gewähren (S. 267): »Rückblickend stellen wir fest, daß Fontane in diesem Kriegsbuch seinen preußischen wie auch österreichischen Lesern vor reichlich hundert Jahren ein aufschlußreiches, fast durchweg zutref­fendes Bild von Böhmen und Mähren, soweit sie vom Kriegsgeschehen betroffen waren, geboten hat, ein Bild, das auch heute noch Interesse zu erwecken vermag. Er hat die spannungsreiche geschichtliche Entwicklung Böhmens seit Beginn des vorigen Jahrhundert richtig skizziert, die Denk- und Verhaltensweise der deutschen wie der tschechischen Einwohner vorurteilslos zu kennzeichnen ver­sucht, im besonderen ihr Verhältnis zur Monarchie; er hat ihre Kultur verständ­nisvoll gedeutet und schließlich die Schönheiten der Landschaft mit künstle­rischem Blick erfaßt. (S. 273) Mauthner seinerseits schrieb im .Nachwort* zum vierten Band seiner Ausgewählten Schriften, a. a. O. (1919):Aus meinen .Erin­nerungen* mag, wer für seine Zelt keine bessere Verwendung hat, erfahren, wie meine Stellung zu den nationalen Kämpfen meiner Heimat sich bildete, zu dem Lebenskampf zwischen Deutschen und Slawen: wie ich, ohne jemals Politiker zu werden, doch ln meiner Studentenzeit die unbedingte Parteinahme für die deutschböhmische Sache als eine Pflicht betrachtete, wie ich dann aus der Ferne manches Unrecht auf beiden Selten sehen lernte, und wie ich auf meine alten Tage an mir selbst die Vereinigung von Gegensätzen erlebte: deutsch sein im furchtbaren Schmerze über Deutschlands Schicksal und erst recht gerecht werden gegen andere Völker .. . .Der letzte Deutsche von Blatna* entstand im Jahre 1885, als die Zeitungen und auch die Briefe meiner alten Schulkameraden keine Zweifel mehr darüber ließen, daß dem Ansturm der Jungtschechen, denen die Regierung nur Heuchelei und die kirchliche Partei der Alttschechen nur Lügen entgegen­stellte, der deutschböhmische Stamm zu erliegen begann. . . Was mir nahe ging, war die Überzeugung: der Gebrauch der deutschen Sprache in Böhmen wird tödlich getroffen, der deutsche Stamm in Böhmen stirbt also aus, wenn es so weiter geht, wie es 1880, eigentlich aber schon seit dem Deutsch-Französischen Kriege angefangen hatte . . . Schwer und langsam nur festigte sich in meinem alten Kopfe die neue Überzeugung. Der Völkerhaß wird und muß aufhören, wie der Rellglonshaß unwirksam geworden ist. Es gibt keine Religionskriege mehr. Es darf auch keine Volkskriege mehr geben. Es waren immer nur Kriege um arme Worte, um liebe Sprachen. (S. 367-69) Vgl. dazu auch Mauthners Prager Jugendjahre, a. a. O., bes. Kap. XIII .Nationale Kämpfe*, S. 118-36, wo es u. a. heißt:ich bin Deutsch-Böhme genug, um nur mit Zorn den Gedanken fassen zu können, daß Prag bereits heute eine slawische Stadt geworden ist, in der die Deutschen als gehaßte Fremde leben, da ganz Böhmen in absehbarer Zeit der Herrschaft der Tschechen anheimfallen wird. (S. 121 ).

520 Die Kornblume war die Lieblingsblume Kaiser Wilhelms I.: es galt als Zeichen der Loyalität, sich zu .Kaisers Geburtstag* u. an anderen Festtagen des Herr­scherhauses eine Kornblume aus Pupier anzustecken. Fontane hat sich mehrfach Uber dieses Symbol des Kaiserkultes mokiert; so schrieb er z. B. am 11. 6. 1879 an seine Frau (Propyläen, I, Nr. 46, S. 90-91);Heute läuft alles mit .Korn­blumen* im Knopfloch herum. Es ist eine lederne Blume, blos blau, ohne Duft, ohne Schönheit, ohne Poesie. So recht wie geschaffen für uns; irgendwo müßte sie doch einen roten Hosenstreifen haben. Zahllose langbeinige Leutnants mit ihrem mephistohaften langen Krötenspieß an der Seite . .. laufen in der Potsdamer Straße auf und ab und zwingen mich wieder zu einem beständigen Kopfschuttein. und das findet man fein und schön 1 Ich habe kein Organ für all dies Wesen . . . Vgl. ferner auch Fontanes Brief an Wilhelm Hertz vom 24. 11. 1878 (Nr. 280, S. 198). worin er seinen Roman Vor dem Sturm ein Buchvoll Haß gegen .die blaue Kornblume* nannte: weitere Anmerkungen finden sich in Frau Jenny Treibei, Kap. 3 (Aufbau-Ausg., Bd. 6, S. 296), worin die Kornblume dies Symbol königlich preußischer Gesinnung genannt wird; und in Dubslavs Beobachtung im 38. Kapitel von Der Stechlin (Aufbau-Ausg., Bd. 8, S. 354).

521 Die Bedeutung der .roten Nelke* bei den Slawen liegt wohl vor allem in der roten Farbe; allerdings mögen auch religiöse Motive eine Rolle gespielt haben, ua die Nelke scheinbar das Symbol der (katholischen) Kreuzfahrer gewesen war.