die ein Abweichen von anerkannten Normen zum Knotenpunkt haben, nur sind sie nach dem Wortlaut statt im Umkreis von Recht und Gerechtigkeit im Kreise dessen zu erwarten, was als richtig oder verfehlt zu gelten hat.
Der Text, der diese Erwartung einlöst, beginnt mit einem ungewöhnlichen Gewebe aus mehreren, zum Teil heterogenen Gattungsmustern. Die Erzählung setzt ein wie eine historische: „An dem Schnittpunkte von Kurfürstendamm und Kurfürstenstraße, schräg gegenüber dem .Zoologischen“, befand sich in der Mitte der siebziger Jahre noch eine große, feldeinwärts sich erstreckende Gärtnerei, deren kleines, dreifenstriges, in einem Vorgärtchen um etwa hundert Schritte zurückgelegenes Wohnhaus, trotz aller Kleinheit und Zurückgezogenheit, von der vorübergehenden Straße her sehr wohl erkannt werden konnte.“ 7 Auf ähnliche Weise hatte Fontane die Novelle „Ellernklipp“ eingeleitet, deren Handlung, im Harz spielend, ein reichliches Jahrhundert zurücklag. Diesmal — „Irrungen, Wirrungen“ erschien 1887 — stellte er schon nach einem Jahrzehnt die endgültige Vergangenheit her, in welcher der Schauplatz versinkt und das Wachstum der deutschen Metropole nach der Reichsgründung gegenwärtig wird. Denn daß ein „Berliner Roman“ vorliegt, wie er seit 1871 öffentlich gefordert und unter Fontanes Beteiligung in zahlreichen wetteifernden Anläufen hervorgebracht wurde, ist nach den Anfangssätzen kaum zweifelhaft; es brauchte dazu nicht die Kennzeichnung „Eine Berliner Alltagsgeschichte“, die Fontane dem Vorabdruck in der „Vossischen Zeitung“ beigab. 6 Damit ist der Rahmen vorhanden für eine Motivik, die auf eine Enthüllungsgeschichte nach verbreitetem, größtenteils der Trivialisierung anheimfallendem Beispiel hinauszulaufen scheint. Die betonte Verborgenheit, in die das „Gesamtgewese der Gärtnerei“ (7) unverzüglich versetzt wird, korrespondiert mit der dunklen Herkunft der Gestalt, der sich alsbald das Interesse zuwendet. Lene ist ein angenommenes, kein leibliches Kind der alten Fau Nimptsch, mit der sie im Gärtnerhaus zur Miete wohnt. Das Auftreten der Gärtnersfrau, die Lenes Herkunft ins Gespräch bringt und meint, sie sei „vielleicht eine Prinzessin oder so was“ (10), durchkreuzt jedoch im selben Atemzuge die pseudopoetische Geheimnismotivik. Was sie von ihrer eigenen Vergangenheit und der anschließenden Versorgungsehe mit dem Gärtner Dörr zu sagen hat, läßt ebenso wie ihr mitleidiger Blick in Lenes Zukunft eher an den Auftakt zu einem Desillusionierungsroman denken.
Erstaunlicher als die Verknüpfung dieser Muster, die miteinander konkurrieren, ohne sich zu behindern, ist auf den ersten Blick ihre Zusammenführung mit dem Märchen. Mit seiner Hilfe wird die Ausgangskonstellation strukturiert und eine metaphorische Bezugsebene geschaffen, auf die im Verlauf wiederholt zurückgegangen wird. Die präzise raumzeitliche Festlegung des fiktiven Vorgangs in der kontrollierbaren Realität hindert Fontane daran nicht. Er verleiht dem Vorgarten eine „halb märchenhafte Stille“ (8). Und in dem Augenblick, wo das Stichwort „Prinzessin“ fällt, treten - am Rande der modernen Großstadt - das kleine Haus, in dem die arme alte Frau das Herdfeuer hütet, mit der wohlgeratenen ’ Tochter, die nicht ihr Kind ist, und dem geheimnisvollen „Schloß“ der Gärtnersleutc