tausend Finessen “ 13 verwandt haben, auf die er sich etwas zugute hielt. Dank einer vollkommenen Auflösung der ungezählten Entsprechungen, mit denen seine Erzählung durchsetzt ist, ins konkrete Detail, dank ihrer Integration in den alltäglichen Daseinsgang und ihrer perspektivischen Brechung durch das Prisma der Figurensicht ist ihm das Außerordentliche gelungen. Ein bis ins Extrem getriebenes Formprinzip verschwindet unter dem Anschein der Selbstverständlichkeit.
Oder wäre es nicht selbstverständlich, daß Frau Dörr beim Gedanken an Lene und Botho auf ihre Vergangenheit mit dem alten Grafen zu sprechen kommt? Daß Bothos junge Frau mit ihm durch die neue Wohnung walzt, weil vom „Zoologischen“ die Musik herüberklingt, und er sich der Erinnerung an den Walzer nicht erwehren kann, nach dem er sich im Gärtnerhaus mit Lene gedreht hat? Es liegt ja auch nahe, daß beide durch Zeitungsanzeigen von der Hochzeit des anderen erfahren, zumal dann, wenn eine mißgünstige Hand Lene den Ausschnitt zuspielt. Solche Entsprechungen ergeben sich auf sehr verschiedenen Ebenen. Episode spiegelt sich in Episode, Person in Person, Äußerung in Äußerung, das eine Verhältnis, der eine Eheschluß haben gleich in mehreren anderen ihre Entsprechung. Die Örtlichkeiten und Baulichkeiten sind nicht ausgenommen, und noch die Asche von Lenes Briefen, die Bothos Frau Käthe im Kamin entdeckt und zur Sicherheit ein zweitesmal verbrennt, tritt in Beziehung zum Herdfeuer der alten Frau Nimptsdi. Aber es spiegeln sich auch das Poetische im Prosaischen, das Märchenhafte in der Wirklichkeit und umgekehrt.
Fontane läßt dieses Formprinzip nur in „Irrungen, Wirrungen“ dominieren, obwohl die Entsprechung, wie man bemerkt hat, ein generelles Strukturmerkmal seines Erzählens ist . 1 ' 1 Die Frage nach dem allgemeinen Inhalt der Form führt zurück auf die vollkommene Individualität, in der das gewöhnliche Leben auftritt, und die umfassende Regularität, die sich ohne Entrinnen darin durchsetzt. Sie macht das Ungleiche vergleichbar und bringt im Gleichartigen die Unterschiede zum Vorschein. Es ist dieselbe Doppelseitigkeit, die sich in den sprechenden Titeln, zu denen „Irrungen, Wirrungen“ zählt, ankündigte und in den Sprüchen der Frau Dörr zuerst artikulierte. Dort ist auch schon zu beobachten, wie der individulle Fall vor allem die Anteilnahme fesselt, seine Regelhaftigkeit vor allem das Interesse. Sie finden zusammen, wenn er exemplarisch wird.
Im einzelnen wird die Erzählung durch das Prinzip der Spiegelung, der Grundfigur, die immer wiederkehrt, mit einem Geflecht von weiteren Beziehungen und Bedeutungen neben denen überzogen, die der Verlauf der Begebenheit entwickelt. Das Verfahren beginnt schon im ersten Satz zu arbeiten, ohne daß zu ahnen ist, welche einschneidenden Folgen für das Gesellschaftsbild sich daraus entfalten werden. Der Erzähler weist nicht lediglich zur Orientierung über die Stadtlage zunächst auf den „Zoologischen“ und auf die Kreuzung von Kurfürstendamm und Kurfürstenstraße hin, und er kehrt ihnen nicht bloß der Handlung wegen den Rücken, um sich stehenden Fußes der zurückgelegenen Gärtnerei zuzuwenden. Ähnlich wie sich das Märchenartige der Szenerie nicht von vornherein zu erkennen §!bt, gewinnt auch das Gegenüber von Zoologischem Garten und Gärtnerei,