Heft 
(1890) 47
Seite
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gezeigt. ' Ich ließ es fallen vor Freude, da liegen die Trümmer, aber ich versichere Dich, nur eine Falte im Glas Laura, wir waren rechte Kinder - wie eine Binde füllt es mir jetzt von den Augen! Kinder? Nein, ein Schurke war ich, Laura, ein erbärmlicher Schurke! Verzeihe mir um des Glückes dieser beiden willen Deiner Kinder!"

Das war zu viel des Freudensturmes für Lauras im Leid ermüdete Seele; sie warf einen Blick auf die grünen Scherben des Glases am Boden, auf das in sich versunkene Paar, auf Bill, der sie in seinen Armen hielt. Erst an dem klaren Blick Jakobs, der aus sie zutrat und ihr die Hand reichte, fand sie ihre Fassung wieder.

Als Claus, der Richter, die freudige Nachricht erhielt, daß das Mittel gewirkt habe und Bill völlig geheilt sei, da eilte er trotz seines hohen Alters noch zur Hochzeit Jakobs und Marias,

Als der Bräutigam nach dem Mahle dem Alten von der Falte im Glase erzählte, die Bill fälschlich für einen Sprung ge- halten habe, da lächelte er verschmitzt; als man dann wie einst vor zwanzig Jahren das Brautpaar leben ließ und die Gläser hob, rief er:

Obacht, Kinder, damit es nicht wieder Falten giebt, sie taugen nichts, in den Gläsern nichts und nichts in den Gesichtern!"

Alles lachte, nur Bill senkte beschämt den Blick.

Lührsen-Tönningen" heißt heute die größte Reedersirma in H,, sie führt einen grünen Römer im Schiffswappen.

Wmtter und WMtken.

Jas Schenkendorfdenkurat zu Hikstt. (Mit Abbildung S. 789.) Am 21. September wurde zu Tilsit das Denkmal für Max v. Schenken- darf enthüllt, ein Werk des Bildhauers Martin Engelke in Dresden- Blasewitz. Es war eine überaus würdige, frohe Feier. Galt es doch, einem der besten Söhne der Provinz in Erinnerung an die ruhmreichste Zeit dieserWiege des preußischen Königthums" ein seiner Bedeutung entsprechendes Denkmal zu weihen. Was in den kummervollen Tagen von 1806/1807 das preußische Königshaus zu Tilsit gelitten, was der König Friedrich Wilhelm 111. in Memel und Königsberg in den folgen­den Jahren zur Wiederanfrichtung des Vaterlandes geplant und geschaffen hat: es ist durch Schenkendorfs Lieder verherrlicht. Dem großen Gedanken der Befreiung des Vaterlandes waren alle seine Kräfte geweiht. Ihm ver­danken wir auch das bekannte LiedFreiheit, die ich meine". Als Haus­genosse des Landhofmeisters von Auerswald war es ihm vergönnt, im Schlosse zu Königsberg das Antlitz der Königin Luise zu schauen und ihr in Liedern die felsenfeste Zuversicht auf eine Befreiung des heißgeliebten Vaterlandes vorzusühren. So hat Schenkendors an seinem Theile dazu beigetragen, daß die edle Dulderin in Zeiten der bittersten Noth die be­seligende Hoffnung aus eine bessere Zukunft hegen durfte. Als aber am 19. Juli 1810 die schwergeprüfte Königin Luise an gebrochenem Herzen starb, da gab er dem Schmerze des gesammten Vaterlandes beredten Ausdruck:

Rose, schöne Königsrose,

Hat auch dich der Sturm getroffen?

Gilt kein Beten mehr, kein Hoffen Bei dem schreckenvollen Lose?"

Endlich jedoch nahte der Tag der Befreiung! In derselben Stadt, welche den thefsten Fall des Vaterlandes und die herbste Enttäuschung der Königin Luise gesehen hatte, sollte sich auch das Unglück wenden, als am ersten Tage des ewig denkwürdigen Jahres 1813 mit dem Erscheinen des Dorischen Corps in den Straßen Tilsits jene heilige Begeisterung aufflammte, welche jung und alt um den König scharte und dem ge­knechteten Preußenvolke die Freiheit wiedergab. Und in dieser Stadt ist der Mann geboren, der der heiligen Streiter Ruhmesthaten durch seine Sangesweisen für alle Zeiten verherrlichte und der Sehnsucht nach einem einigen und mächtigen Vaterlande mit einem deutschen Kaiser an der Spitze beredte Worte verlieh.

Diesem Gedanken hat der Künstler die lebendige Verkörperung ge­geben in seinem Denkmal. Ein unten 4ft? Meter im Quadrat messender- nach oben sich verjüngender Stufenbau aus gestocktem Granit trägt einen reich gegliederten polirten Granitwürfel mit der Inschrift aus der Vorderseite: Max von Schenkendors, geb. in Tilsit d. 11. Dec. 1783, gest. in Coblenz d. 11. Dec. 1817," auf der Rückseite des Dichters Schwur:

Ich will mein Wort nicht brechen,

Will predigen und sprechen Vom Kaiser und vom Reich."

Aus diesem 3^2 Meter hohen Postamente steht die 2,80 Meter hohe Bronzebildsäule des Dichters. Hochaufgerichtet, Begeisterung aus dem edlen Antlitz, die Rechte zum Treuschwur erhoben, während die Linke die Lieder ans Herz preßt, steht in der Tracht der Freiheitskämpfer, schwert- umgürtet die jugendlich straffe Kriegergestalt da, ein Bild der Kraft, in jedem Zugezugleich ein Sänger und ein Held". E. K.

WarirnMans I. Uückkeyr nach chent. (Zu dem Bilde S. 792 u. 793.) Karl der Kühne, der mächtige Herzog von Burgund, war vor den Mauern von Ranzig den Streichen der siegreichen Eidgenossen erlegen und hatte sein stolzes Erbe einer zwanzigjährigen Jungfrau, seiner einzigen Tochter Maria, hinterlassen. Lange schon war diese Tochter dem Erz­herzoge Maximilian, dem Sohne des deutschen Kaisers Friedrich III., verlobt, und es hatte sich der seltene und darum für menschliches Empfinden so wohlthuende Fall ereignet, daß wirkliche gegenseitige Liebe einem politischen Handelsgeschäft denn das war die Verlobung der beiden gewesen die Weihe gab. Erzählte doch eine hübsche Legende, daß in Marias

Herzen schon das Bild des deutschen Kaisersvhnes eine heiße Leidenschaft entfacht hätte. Und als nun nach ihres Vaters Tode Aufruhr im eigenen Lande und die Ländergier des französischen Ludwigs XI. die Einsame um­drohten, da eilte der ritterliche Maximilian herbei, seine Braut zu schützen und seine Rechte geltend zu machen. Bereits im April 1477, wenige Monate nach dem Tode Karls des Kühnen, fand durch Stellvertretung die Vermählung statt, welche für die Habsburger der Ausgangspunkt zur Gewinnung einer weltbeherrschenden Macht werden sollte. Am 18. August wurde die Hochzeit in Gent prunkvoll begangen, unter dem Jubel des Landes, das sich durch diese Wendung der Dinge der drohen­den französischen Herrschaft glücklich entrückt sah.

Aber noch hatte Maximilian den neuerworbcnen kostbaren Besitz in einem mehrjährigen wechselvollen Krieg gegen die Ansprüche Ludwigs XI. zu vertheidigen, und es gelang ihm auch, die nördlichen Provinzen, das heutige Belgien und die Niederlande, durch den Sieg bei Guinegate im Sommer 1479 zu behaupten. Max selbst hatte im Kampfe mit außer­ordentlicher Tapferkeit mitgefochten und mehrere Feinde mit eigener Hand getödtet. Um so größer war die Begeisterung für ihn, als der Sieger nun am 7. August 1479 heimkehrte zu seiner schönen Gemahlin nach Gent.

Das ist der Augenblick, den unser Bild darstellt. Aus der Freitreppe des Rathhanses begrüßt Maria ihren ruhmgekrönten Gemahl und bringt ihm den jungen Erstgeborenen des Hauses, Philipp, der später den Bei­namen desSchönen" erhielt, entgegen. Mit glücklichem Aufblick zu der reizenden Gruppe zügelt Maximilian sein in prächtiges Stahlgewand ge­hülltes Streitroß und seine kampsesstarke Rechte ersaßt mit zärtlichem Druck das schmale Händchen der lieblichen Frau, die ihm nur zu kurz noch erhalten bleiben sollte. An allen Fenstern der engen Gasse zeigen sich die Köpfe der jubelnden Genter, und nur mit Mühe vermag der stämmige Hellebardier im Vordergründe die drängenden Massen zurückzuhalten, die den glorreichen Helden gern in allernächster Nähe gesehen hätten.

Kaum N /2 Jahre nachher, im Jahre 1482, starb Maria durch einen Sturz vom Pferde. Ihr Tod war das Zeichen zu einem allgemeinen Aufruhr im Lande, und nur unter schweren Opfern gelang es Maximilian, Ruhe und feste Ordnung wiederherzustellen. Jenes Knäbchen aber, das auf unserem Bilde dem reisigen Manne seine Aermchen entgegenstreckt, wurde der Vater Kaiser Karls V., in dessen Reich die Sonne nicht unterging. ^

Hrau, schau, wem!" (Zu dem Bilde S. 801.) Wenn diese drei Wörtchen schon in der menschlichen Gesellschaft Geltung haben, um wie viel mehr müssen sie erst unter Bestien berechtigt sein, und dazu noch unter Bestien in Ostafrika, wo Kultur lind Zahmheit erst ihren Einzug halten sollen! Da ist ja eine nette Gesellschaft am Rande des Dschungels zusammengerathen. Ein junger Löwe, der die Macht seiner Pranken Onal probiren möchte, ein Kafferbüffel, einer von jener Sippe, die schon so viele Menschenleben und darunter die berühmter Forscher auf dem Gewissen hat, und als drittes im feinen Kollegium das hinterlistige Krokodil! Trau, schau, wem! Wird es wohl zum Kampf kommen? Wer wird Sieger bleiben?

Wir finden die Antwort auf diese Frage in dem interessanten, wenn auch über zehn Jahre alten WerkeQuer durch Afrika" von Verney Lovett Cameron. Bei Gelegenheit seines Aufenthalts in dem heutigen Deutsch-Ostafrika" südlich von Tabora an dem Ngombefluß erzählt er eineJagdgeschichte", welche den trefflichsten Text zu unserem Bilde ab- giebt. Sie lautet:

Während meiner Streifereien bemerkte ich die Ueberreste eines Löwen, eines Büffels und eines Krokodils, die in einem Haufen zn- sammenlagen, und man erzählte mir über diesen seltsamen Anblick eine merkwürdige Geschichte. Als nämlich einst ein Büffel zur Tränke ge­kommen, da sei ein Löwe aus ihn gesprungen, beide seien in das Wasser gefallen und da von einem Krokodil ergriffen worden; dieses wurde wieder durch die konvulsivischen Anstrengungen der beiden Thiere sechzig Fuß weit von dem Ufer geschleift, und da war dann das Trio in unlös­licher Vereinigung liegen geblieben."

So weit der berühmte Reisende Cameron. Und die Moral von der Geschichff? Trau, schau, wem! *

- Inhalt : Sonnenwende. Roman von Marie Bernhard (12. Fortsetzung). S. 789. Das Schenkendorfdenkmal zu Tilsit von Martin Engelke. Abbildung S. 789. Kaiser Maximilians I. Rückkehr nach Gent. Bild. S. 792 und 793. Die Rappsche Kommunistenrepublik. Von Schmidt-Weißenfels. S. 794. Großes Reinmachen. Humoreske von Hans Arnold. S. 796. Mit Abbildungen S. 796, 797 u. 798. Der Sprung im Glase. Erzählung von Anton Freiherrn v. Perfall (Schluß). S. 799. Trau, schau, wem! Bild. S. 801. Blätter und Blüthen: Das Schenkendorfdenkmal zu Tilsit. S. 804. (Zu der Abbildung S. 789.) Maximilians I. Rückkehr nach Gent. S. 804. (Zu dem Bilde S. 792 u. 793.)Trau, schau, wem!" S. 804. (Zu dem Bilde S. 801.)