der Gärtner Dörr in seinem unerfreulichen schadenfrohen Geiz, zu ihrer Arbeit, welche generell die Eigenschaft des wesentlichen Lebensinhalts annimmt, ein gestörtes Verhältnis hat.
Es liegt auf der Hand, daß „Irrungen, Wirrungen“ die Arbeit grundsätzlich idealisiert und dazu auf Erscheinungsformen zurückgreift, die nicht von der Industrialisierung erfaßt sind, und daß die Industriearbeit, zeichenhaft einbezogen, diesem anachronistischen Muster angeglichen wird. Die Frage ist, warum Fontane nicht wie sonst in aller Regel auf ihre Einbeziehung verzichtet, sondern ihr eine Schlüsselstellung eingeräumt hat. Die naheliegende Antwort lautet, daß ohne sie die allgemeine Geltung der Idealisierung in der Gegenwart, auf die es ankam, empfindlich eingeschränkt erscheinen mußte.
Die Folgen sind widerspruchsvoll. Da die Erzählung die sozialen Dimensionen der Lohnarbeit — Ausbeutung, Unterdrückung und Emanzipation — ausspart, hält sie einer Rückbeziehung auf die Klassenkämpfe ihrer Zeit nicht stand. In diesen Kontext versetzt, geht sie in ein beschwichtigendes und harmonisierendes Zerrbild über, in dem auch der Werkmeister Gideon Franke, den Lene heiratet, keine gute Figur macht . 19 Das ist jedoch nicht der angemessene Kontext. Die Spiegelungsbeziehung der sozialen Lebensformen intendiert stattdessen ein komplexes vergleichendes Werturteil, und dafür fällt weniger der soziale Charakter der Arbeit ins Gewicht als das Verhältnis zu ihr als dem Inbegriff produktiver Tätigkeit schlechthin. In diesem Zusammenhang funktioniert die Idealisierung trotz und dank ihrer Anachronismen, zumal sie im einzelnen durch die Banalität und Beschwerlichkeit der Arbeitsvorgänge balanciert wird. Aus denselben Gründen ist auf die sozialökonomische Ungleichheit des Arbeits- und Erwerbslebens, von dem die Erzählung eine in ihren Grenzen reich fazettierte Darstellung gibt, kein Wert gelegt. Infolgedessen entzieht sich aber auch die soziale Lebensform, die der junkerlichen gegenübersteht, einer ebenso eindeutigen Kennzeichnung. Sie wird getragen und praktiziert von den Menschen aus dem Volk. So sieht es auch Botho. Im Bewußtsein, daß diese zusammenfassende Vorstellung dem „einfachen Volke“ viel nähersteht als den Volksmassen im politisch-soziologischen Sinn, mit denen sie sich berührt, sollte man darüber nicht hinausgehen. Daß Botho die Berliner Fabrikarbeiter noch dem märkischen Volk zuzählt, kann dem Junker in ihm nachgesehen werden, obwohl dadurch ein weiterer Anachronismus ins Spiel kommt, den die Figurensicht nicht restlos neutralisiert.
„Irrungen, Wirrungen“ ist eine Geschichte der vorentschiedenen, vermiedenen, verinnerlichten Konflikte. Denn während die Lebensformen kollidieren, kommen die Menschen miteinander aus, weil sie sich in geregelten und lange eingespielten Beziehungen bewegen; die Subordination vor allem wird weder verletzt noch angezweifelt; allerdings begegnet man auch keiner Devotion: man steht meist freimütig an seinem Ort und respektiert, indem man die Form wahrt, sich und den anderen. Daß auch hier eine idealisierende Rückverschiebung stattfindet, die sich am Patriarchalischen und Ständischen orientiert und mit den Vorstellungen vom Volk und seiner Arbeit zusammengeht, ist unverkennbar; Bothos Bemerkung, daß jeder