De jure scheitert die Beziehung an Bothos Heirat, de facto an der Unmöglichkeit, ihr Anerkennung, Duldung, Dauer zu verschaffen, anders gesagt, an ihrer Hoffnungslosigkeit. So, wie die Dinge liegen, war Bothos bescheidenerer Traum, über den er rückblickend im Gespräch mit Rexin den Stab bricht, von vornherein Illusion. Er hoffte „auf ein verschwiegenes Glück, für das ich früher oder später, um des ihr ersparten Affronts willen, die stille Gutheißung der Gesellschaft erwartete.“ (97) Es bleibt unbenommen, sich dieses Glück im Winkel auszumalen beispielsweise als eine Fortsetzung der Abendbesuche, die Rienäcker in Zivil der Gärtnerei abstattet. Aber das ist der Traum von Männern in einer Männergesellschaft, dessen Realität die Biographie der Frau Dörr und das Erscheinen der Offiziersdamen in Hankeis Ablage vor Augen führen. Die Selbstverständlichkeit, mit der sich Botho dem Treiben der Kameraden anschließt, und die Unvermeidlichkeit, mit der Lene in den Kreis der ausgehaltenen Frauen eingegliedert wird, besiegelt in Wahrheit ihre „Vertreibung aus dem Paradies.“ (80) Lenes Empfinden täuscht sie nicht.
Damit ist auch Lenes großer Traum: die ungeteilte Hingabe und die Entfaltung der schönsten Eigenschaften von Mann und Frau, ausgeträumt. Das Leben „mit seinem Ernst und seinen Ansprüchen“ (137), auf das sich Botho beruft, und das „Leid des Lebens“ (109), an dem Lene fast zugrunde geht, gewähren ihm keinen bleibenden Ort.
Auf den Erweis dieser Einsicht ist viel Sorgfalt verwandt, mehr noch auf ihre Folgen. Die Ehegeschichte, die in ungewohnter Weise der Liebesgeschichte hinzugefügt wird, bekundet ein starkes Interesse, es nicht mit dem Scheitern bewenden zu lassen und die tragische Begebenheit in eine illusionslose, mit tapferer oder resignierter Entsagung auf sich genommene Zukunft hinüberzuleiten. Der Preis ist hoch und wird nicht verschwiegen. Von einer Ehegeschichte ist zu sprechen, weil Rienäcker und seine Frau den Vordergrund beherrschen und als Probanden für das Exempel dienen, das die Erzählung an Lene und Botho statuiert hat. Das weitere Schicksal der Leute aus der Gärtnerei läuft scheinbar nebenher, obgleich dort die stärkeren Erschütterungen stattfinden. An Rienäcker, der zum Rittmeister aufgerückt ist, bewahrheitet sich unterdessen offenbar Lenes aufrichtiger, doch zweideutiger Wunsch: „Ja, mein einziger Botho, du sollst glücklich sein, so glücklich, wie du’s verdienst.“ (114) Die Jugend, Schönheit, Lebhaftigkeit seiner Frau, die er vielleicht sogar liebt, nehmen ihn in Anspruch und halten die Trübung begrenzt, die ihr unernstes Wesen und eine „Schwatzhaftigkeit“ (114) hervorrufen, aus der er ein „bloßes Gesellschaftsecho“ (133) heraushört. Käthe ist bis ins Detail als Lenes Gegenteil erdacht und deshalb angetan, ihn gelegentlich an sie zu erinnern, aber die Gegenwart behauptet ihr Recht. Zwei episodische Vorgänge vergleichsweise großen Umfangs werden arrangiert, um beide Frauen in ähnliche Distanz und Nähe zu Botho zu versetzen: während Käthe, der ihre Kinderlosigkeit wenig Kummer macht, dennoch nach Schlangenbad zur Kur geschickt wird, benutzt Gideon Franke die Gelegenheit zu seiner Rücksprache mit Botho. Falls den folgenden Ereignissen eine kathartische Funktion zugedacht ist 22 , dann in sehr eingeschränktem Sinn. Nach Frankes Besuch ist Rienäcker wie benommen. „Wenn er sich, in der zwischenliegenden Zeit, des kleinen
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