Wie B. Plett konnte auch B. Kampei /eigen, daß solche Zitate (hier umfassend als Anleihe verstanden) der Figurencharakteristik im eigenen Werk dienen. Die meisten Autoren der „Gartenlaube“ seien anders verfahren. Mit Recht verwies die Diskussion darauf, daß auch F. Autor dieser Zeitschrift war. Wie in einigen neueren Arbeiten bereits gezeigt (H. J. Koni- eczny, Kl.-P. Schuster, Fr. Betz), ist von solchen Punkten aus die wertvolle Frage zu gewinnen, wie sich F. aus den Konventionen der Trivialliteratur löst, indem (und obwohl) er sich ihrer bedient.
Das von jungen Kollegen beeindruckend dargestellte Material enthielt gute Möglichkeiten für diese Dialektik von Konvention und Originalität. Im vorliegenden Heft (39) zeigt P. Wrack, wie solche Zusammenhänge funktionieren.
H. O. Horch setzte bei Fontanes Besuch in Bayreuth im Juli 1889 an. Er überblickte Prosa- und Briefwerk des Dichters gleichermaßen und führte zu den historischen Momenten eines Anverwandlungsprozesses, der bis heute nicht differenziert ausgearbeitet ist. Mit Recht wandte er sich gegen die Erledigung des Themas mit der schematischen Entgegensetzung von Wagner und Fontane, die gleichwohl Antipoden waren (s. Reuter). Aber die sehr offene, sehr wache Haltung Fontanes (der sich gegen den Wagner- Kult wandte) gegenüber den künstlerischen Themen und Lösungen des als Mensch abgelehnten „genius crepitus“ (Genie der Blähung) ist damit nicht erfaßt und verengt die Tiefendimension solcher Prozesse von Anziehung und Abstoßung.
Mit Thomas Mann (und H. Eilert) zog Horch interessante Vergleiche, so zwischen „Tristan und Isolde“ und „L'Adultera“ — deckte er die Funktion des Zitats in „Effi Briest“ und „Der Stechlin“ auf.
Als Fontane die Textbücher der Ring-Tetralogie studiert, entstehen weitere Melusinen-Entwürfe. Mit Bezugnahme auf Feuerbach und Schopenhauer rückt das Verhältnis von überliefertem Mythos und gegenwärtigen Tendenzen in Fontanes Gesichtskreis; zu einer Zeit, als seine Berliner Romane so eindeutig von sozialer Realität der Gegenwart bestimmt werden. Hubert Ohls schöner Aufsatz von 1979 ist m. E. grundlegend zu dieser Frage. Man lese das Fragment der „Oceane von Parceval“ wieder, um zu verstehen, wie F. bemüht ist, eine Synthese zu Anden für seine Melusinen. Die Leser unserer Zeitschrift können Horchs Beitrag im nächsten Heft lesen.
D. Borchmeiers Abenvortrag schloß sehr eng an die diese Materialien an, dehnte den Blick auf Nietzsche kenntnisreich aus, wodurch m. E. die Fontane-Bezüge nicht unbedingt schärfer gerieten.
IV. Spätrealismus und Antisemitismus
Thema 4 mußte als ausgesprochen „heißes Eisen“ gelten. Es ist V. Zmegaö zu danken, daß die Diskussion weder im Raum unverbindlicher Ansichten, noch dem belasteten (wenn auch sehr verständlichen) Klima der ersten Nachkriegsjahrzehnte verhaftet blieb.
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