Heft 
(1906) 09
Seite
177
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Paradiesvogel.

Roman von Paul Oskar Locker.

(8. Fortsetzung.)

sta erschien früher als Sabine auf der Terrasse zum Früh­stück. Sie sah die Post durch es lag bloß ein herzlicher Kartengruß von Wpschnewski vor, in Rudolstadt aufgegeben. Es beunruhigte sie, daß heute zum ersten Male der übliche Sonntags­gruß Gernots ausge­blieben war.

Während sie den Tee nahm, widmete sie sich der Zeitungslektüre.

Sie suchte zunächst den Bericht über die Reichs­tagssitzung vom Sonn­abend hervor, um Sa­bine gleich sagen zu können, ob ihr Papa auf der Rednerliste ge­standen hatte.

Spalte um Spalte verfolgte sie. Der Name des Abgeordneten Dok­tor Gernot war aber nirgends genannt. Es drehte sich nur um end­lose Etatsberatungen.

Jäh fuhr sie aber plötzlich zusammen.

Ganz zum Schluß des Berichts nach Beendigung der Debatte stieß sie wiederholt auf den Namen ihres Verlobten in der Reihe derpersönlichen Be­merkungen". Und die Verbindung,' in der er hier genannt wurde, machte sie für ein paar Sekunden geradezu er­starren.

Sie zwang sich dann, geordnet, der Reihe nach zu lesen.

Das Blatt gab den

Hergang ganz trocken nach dem stenographischen Bericht wieder. Der lautete:

. . Persönlich bemerkt noch Abgeordneter Sczuls (Pole): Der Herr Abgeordnete Doktor Gernot hat mir in der Sitzung

vom Donnerstag sehr witzig vorgeworfen, mein Urteil auf sport­lichem Gebiet sei durch Sachkenntnis in keiner Weise getrübt. (Rechts: Stimmt, stimmt! Zu­rufe.) Präsident: Bitte den Herrn Redner nicht zu unterbrechen. Abgeordneter Sczuls: Ich habe inzwischen in Erfahrung gebracht, in welch liebevoller Weise der Herr Abgeordnete Doktor Gernot sich auch um notorisch gefallene Größen auf dem Ge­biet der Rassenveredlung annimmt, wie überaus wichtig es ihm mithin erscheinen muß, das Mäntelchen der christ­lichen Nächstenliebe auch über gewisse dunkele Existenzen des von: Staate so gehätschelten Gestütswesens zu brei ten. Und ich stehe daher nicht an, zu erklären, daß ich den Ruhm, ei­nen Mohren weiß zu waschen, seiner größeren Sachkenntnis gern über­lasse. (Lachen bei den Polen.) Abgeordneter Doktor Gernot: Wenn der Herr Abgeordnete Sczuls das letzte Hilfs­mittel eurer persönlichen

Stillvergnügt.

Gemälde von H. KoLschenreiter.

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