Heft 
(1906) 10
Seite
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Sechs weitere Kinder tonnten in diesem Ar­beitsjahr aufs vorzüglichste versorgt werden, so daß die Zahl der nun unter Familienschutz ge­stellten armen Kinder auf 120 stieg. 120 dem Elend entrissene, für die Menschheit gewonnene Kinder sind das nicht Zahlen, die überzeugen?

Und die meisten dieser Kinder, die in der glück­lich veränderten Umgebung schnell die alten Eindrücke vergaßen, blühten körperlich und seelisch aus zu ihrer Adoptiveltern Freude und lohnten reichlich das Opfer der Liebe, das ihnen ge­bracht worden war. Möchten doch alle die unter unseren Lesern, die einsam sind und doch in der Lage, einem Kinde Unterhalt gewähren zu können, solch ein verlassenes und verlorenes Geschöpschen ans Herz nehmen, sich in ihm eine liebe Gesellschaft, einen Trost ihrer alten Tage heranziehen. Für nur drei Mark jährlich tann jedermann Mitglied derGesellschaft der Waisenfreunde" werden und teilnehmen an dem Werk, das schon so viel Segen gestistet hat. Herr Schuldirektor a. D. Karl Otto Mehner in Hartenstein, Erzgeb., der Ge­schäftsführer des Vereins, ist zu jeder Auskunft gern bereit und nimmt Meldungen neuer Mit­glieder dankbar entgegen.

Are Uurmsprhe auf dem neuen Münchner Wathaus. (Zu der nebenstehenden Abbildung.)

Das Haus, in dem Magistrat und Stadtverord­nete einer großen Stadt zu Rat und Tat ver­sammelt sind, muß gewiß ernst und würdig sein.

Und das von Professor Hauberrisser im gotischen Stile wundervoll erbaute Münchner Rathaus läßt es an Ernst nicht fehlen. Aber das Rat­haus Münchens durste auch nicht ganz ohne das Wahrzeichen bleiben, das so recht all die Gemütlichkeit und Behaglichkeit ausdrückt, deren die Münchner fähig sind das Münchner Kindl. Es steckt ja frei­lich im mönchischen Gewand, und auf dem 80 Meter hohen Rathaus- turm nimmt es auch eine feierliche Haltung an, indem es, das Gebet­buch hebend, segnend die Hände über München, seine Häuser und seine Bewohner ausstreckt. Der Bildhauer Anton Schmidt hat das freundliche

kleine Standbild geschaffen, das nun aus seiner luftigen Höhe niedergrüßt. Unter feinen Füßen bewahrt das Kindl den kostbaren Schatz einer Pergamenturkunde über den Bau des Rat­hauses, sowie eine Sammlung der augenblicklich im Gebrauche befindlichen Münzen des König­reichs Bayern.

Mtpferdfütterrmg. (Zu der untenstehenden Abbildung.) Wer einmal der Fütterung eines Flußpferdes beigewohnt hat, dem wird unser humorvolles Bild eine der köstlichsten Szenen des Zoologischen Gartens ins Gedächtnis zurück­rufen. Diese Fütterung ist ein Schauspiel, das Tag für Tag ein großes Publikum herbeilockt, denn der Anblick der gewaltigen ungeschlachten Tiere, die ihr riesiges fleischfarbenes Maul wie eine Familienreifetasche auseinanderzuklappen vermögen und mit nie fehlender Sicherheit die ihnen zugeworfene Beute erschnappen, ist von unwiderstehlicher Komik. Bis zu vier Meter lang und 1,5 Meter hoch werden diese grotesken Tier­riesen, deren Haut in dicken Fallen den plumpen Körper umhüllt, und ihrer Größe angemessen sind auch die Bissen, die in dem ungeheuren Maul verschwinden. So hält der Arm des Wärters auf unserem Bilde einen ganz an­sehnlichen Heuhaufen empor, aber dem hun­grigenPflegekind" scheint^ nur ein einziger Happen, einHändchen voll" zu sein. Es

wird sich schleunigst ins nasse Element zurück­ziehen, denn so unbehilflich sich die gewaltigen Tiere auf dem Trocknen bewegen, so gelenk und schnell regen sie die massigen Glieder im Wasser. Unternehmen sie doch in den heimischen Ge­wässern Afrikas, in Flüssen mit wechselndem Wasserstand, förmliche Wanderungen und ver­lassen dort nur selten das Flußbett, um sich auf Sandbänken zu sonnen oder in den angrenzenden Feldern und Wäldern zu weiden. Wehe dem, der ihnen auf solchem Spaziergang begegnet, er ist dem Tode geweiht. Das Nilpferd greift jeden an und ist eins der gefährlichsten Tiere, besonders, wenn es das Junge, an dem es mit zärtlicher Liebe hängt, bedroht sieht.

Die Turmspitze des neuen Rathauses in München.

-MM

Nilpferd bei der Fütterung,

Druck und Verlag Ernst Kerls Nachfolger G. m. b.H. in Leipzig. Verantwortlicher Redakteur: Or. Hermann Tischler; für den Anzeigenteil verantwortlich: Franz Boerner. beide in Berlin. In Österreich-Ungarn für Herausgabe und Redaktion verantwortlich: B. Wirth in Wien.

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