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stehende Konkurrenz befürchteten, aber sie hatte andererseits Freunde, die energisch für sie eintraten. Auch die „Gartenlaube" darf sich zu ihnen zählen, sie hat jchon im Jahre 1882 einen eingehenden Artikel über Clauson von Kaas und jeine Bestrebungen gebracht und dem Handfertigkeitsunterricht unter ihren Lesern neue Gönner geworben. Längst hat die Zeit die Haltlosigkeit aller Zweifel und Sorgen erwiesen. Die Ausbildung im Handwerk hat die Schüler erfrischt, statt ermüdet, die Achtung vor der Arbeit, die Kenntnis des Materials sind gestiegen, und Clauson von Kaas, der durch Vortragsreisen und gedruckte Berichte, durch Eingaben und Unterricht rastlos für' die gute Sache tätig war, darf nun am Abend seines reichen Lebens — er ist am 16. Mai 80 Jahre alt — auf eine goldene Ernte schauen.
Aas Denkmal für König Albert in Dresden. (Zu nebenstehender Abbildung.) Am 24. April d.J. ist auf dem Schloßplatz in Dresden ein Reiterstandbild König Alberts von Sachsen feierlich enthüllt worden. Der verstorbene König, auf dessen Geburtstag man die Feier verlegt hatte, hat sich den Standort für das Monument seinerzeit noch selber ausgesucht, die Statue — eine Arbeit des bekannten Berliner Bildhauers Professor Baumbach — ist hervorragend durch Lebenswahrheit und treue Charakteristik. Auf einem Sockel aus carrarischem Marmor erhebt sich die in Bronze ausgeführte Reiterfigur von 5,20 Metern Höhe. Die Vorderseite des Sockels trägt Namen und Regierungszeit des Königs, während auf der Rückseite folgende Inschrift eingegraben ist: „Dem unvergeßlichen Könige, gewidmet von der Haupt- und Residenzstadt!"
Ludwig XIV. und' Meliere. (Zu dem Bilde Seite 400 und Seite 401.) Der Ruhm des französischen Sonnenkönigs, Ludwigs XI V. ist eng verwandt mit dem Ruhm von dramatischen Dichtern, die seiner Regierung auch in der Geschichte der Weltliteratur dauernden Glanz verliehen. Racine, neben Corneille der größte Trauerspieldichter Frankreichs, und Moliere, der unsterbliche Lustspieldichter, standen dem Hof des Königs sehr nahe. Racine hatte sich schon durch eine Ode auf die Vermählung des Königs dem Monarchen empfohlen, war später oft ein Gast bei Hof und schrieb auf den Wunsch der Frau von Main- tenon die beiden biblischen Tragödien „Esther" und „Athalie", die für
das Mädchen- Pensionat in Saint Cyr bestimmt waren. Mokiere war zuerst von dem Bruder des Königs, Philipp von Bourbon, zum Direktor der Hoftruppe ernannt, dann aber von dem König selbst in seine Dienste genommen worden, der ihm ein jährliches Gehalt von 7000 Livres aussetzte. Durch die Gunst des Königs gelang es ihm auch, den Intrigen seiner zahlreichen Feinde die Stirn zu bieten, die sich seine satirische Muse durch ihre unbarmherzigen Geißelhiebe verschafft hatte;
denn ganze Stände, deren Vertreter auch bei Hofe heimisch waren, fühlten sich durch die Angriffe des Lustspieldichters empfindlich getroffen. Der persönliche Verkehr des stolzen Fürsten mit dem Dichter, der nicht einmal Mitglied der Akademie war, wie Corneille und Racine, sondern als „Possendarsteller" von solchen Ehren ausgeschlossen blieb, mußte daher in jenen Kreisen aufs äußerste befremden. Der im vorigen Jahr verstorbene geniale französische Maler Gerome zeigt uns in einem aus dem Jahre 1863 stammenden Gemälde, das wir in dieser Nummer wiedergeben, den König und den Lustspieldichter bei Tisch. Der Charakter.opf des glänzenden Selbstherrschers erscheint ebenso getroffen und ebenso sympathisch wie derjenige des geistreichen Schauspielers. Die Höflinge, die vom König huldvoll ins Gespräch gezogen wurden, verneigen sich zwar ehrerbietig, doch auf vielen Gesichtern merkt man auch neidische Verwunderung, und an Tartuffes fehlt es auch nicht in der Gruppe; der Hofgeistliche zeigt ablehnenden Stolz und Trotz.
Mom Krdöeöerr in San Kran- cisco. (Mit den untenstehenden Abbildungen.) Die furchtbare Zerstörung, die das Erdbeben zu San Francisco am 18. April in der schönen Stadt an der „Golden Gate" herbeisührte, ist in den Wochen, die seitdem verflossen sind, so oft geschildert worden, daß nun, da uns die ersten Bilder vom Schauplatze der Katastrophe zugehen, von den Ereignissen schon überholt wurde, was hier noch als furchtbare Wirklichkeit erscheint.. Mit ungebrochener Tatkraft haben sich die schwergeprüften Bewohner der Stadt ans Werk gemacht, an Stelle der Ruinen, die unsere Bilder zcigen, neues Leben und neue Schönheit erstehen zu lassen, und o wird bald statt jener Trümmerstätten ein neues, schöneres San Francisco sich stolz erheben-
Überreste von Wolkenkratzern.
Deutschlands erstes Telegramm war — getreu dem Worte „Das Volk der Dichter" — ein galanter Fünfzeiler, den der Physiker an der Karlsruher Fürstenschule, Professor Johann Lorentz Boeckmann versaßt und „aufgegeben" hatte. Es war in der wogenden Zeit von 1794. In Baden herrschte Markgraf Karl Friedrich, der spätere erste Großherzog. Zu seinem Geburtstag am 22. November gab Boeckmann aus anderthalb Stunden Entfernung nach Karlsruhe hin durch seinen „Apparat der Telegraphit" folgendes Berschen deutlich hinüber:
„Groß ist das Fest, und schön! Triumph! Der Gute lebt.
Um dessen Fürsteuthrou der Vorsicht Auge schwebt;
Heil ihni! so tön es fern und nah!
O Fürst, sieh hier, was Deutschland noch nicht sah.
Wie dir ein Telegraph heut Segenswünsche schicket."
Boeckmann hatte kürz vorher in eitler Schrift die Errichtung von Telegraphen den deutschen Fürsten als eine Frankreich gegenüber politisch notwendige Maßregel empfohlen. Doch Deutschland war zu sehr zersplittert, um zu gemeinsamen nationalen Ausgaben zu kommen.
Horst Meier, Dresden, phot.
Das Denkmal für König Albert in Dresden.
Ausgeführt von Max Baumbach.
Vom Erdbeben in San Franeiseo.
Druck und Verlag Ernst Keil's Nachfolger G. m. b.H. in Leipzig. Verantwortlicher Redakteur: Or. Hermann Tischler; für den Anzeigenteil verantwortlich: Franz Boerner. beide in Berlin. — In Österreich-Ungarn für Herausgabe und Redaktion verantwortlich: B. Wirth in Wien.
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