Heft 
(1985) 40
Seite
148
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kleinen reizenden Bildchen ausgeschmückt ist, die Sie ja kennen. Beim Abendbrot war ein kleines Tischchen mit einigen jungen Leuten darin etabliert, die sich keinen schöneren Hintergrund wünschen konnten. Der Zufall wollte, daß die beiden hübschen Mädchen: Frl. Hitzig u. Jeannett- chen, die Damen dabei waren. Zu alldem kommt noch eine brillante Beleuchtung von oben herab, aus Kronleuchtern mit Lichtern in den Vorderzimmern, und aus einer großen Lampe, besser Krone, mit Gassprit im Eßzimmer bestehend, verschiedene Kandelaber nicht mit eingerechnet. Die Stube von Kugler finde ich charakteristisch die Wände antikes Gelb wie auf den pompejanischen Wandgemälden, oben mit einer Holz­boiserie eingefaßt. Hohe Bücherschränke füllen sie meist aus, in den Ecken gucken aber verschiedene Gipsabgüsse oder Abdrücke hervor, so wie der Arbeitstisch davon umgeben ist, auch die bekannte Hand fehlt nicht. Man sieht, daß es das Studierzimmer eines Kunstgelehrten ist, und flüchtet sich gern hinein.

Die Gesellschaft bestand in den Damen aus den Unvermeidlichen ver­schiedene Damen Geppert u. Fr. Hitzig. Da ich neben letztere placiert war, wollte mich schon eine Art Mißbehagen ergreifen, als Frau Clara mir mit derArgo 1858 zu Hülfe kam; Kugler las uns daraus das wirklich reizende Tanzlied von Lepel vor. Wenn ich es höre, habe ich den Drang, es zu singen, wenn mir doch eine recht hübsche Melodie dazu einkäme. Bei Tisch bekam ich einen vorzüglichen Platz zwischen Kugler u. Lübke. Es fiel mir auf, daß ersterer so besonders mitteilsam und weich war, er sprach viel über die Trennung von Heyses, über dieThekla von Paul, von allerlei Erinnerungen. Durch Ihren Brief erfuhr ich tags darauf, daß es der Hochzeitstag gewesen. Geppert hatte zwar einen Toast ausgebracht, der war aber nur auf die neue Wohnung bezüglich. Ihr Mann hätte das besser gemacht. Lübke dagegen ist frischer denn je und sprach sich mit einer Naivetät zuweilen aus, die mich wirklich ergötzte. Ich hoffe, er wird sich von der alten Witwe noch abbringen lassen. Lucae hat mir seinen Besuch angekündigt, um sich Stellen aus den Briefen Ihres lieben Mannes vorlesen zu lassen. Als nämlich vor einigen Wochen ein Ellora-Diner bei uns war, gaben wir nach Tische den ersten Brief dem Chevalier, um ihn vorzutragen, Lucae hatte aber früher fortgehen müssen; nun ist er als Architekt besonders begierig, die Einrichtung Ihres Hauses kennenzulernen, u. ich bin ganz stolz, daß ich ihm diese Kenntnis ver­schaffen kann. Es war sehr liebenswürdig von Ihrem lieben Manne, daß er den 2. Brief an mich gerichtet hat; ich muß versuchen, ihm wieder etwas zu seiner Verteidigung zu geben; dabei ist es außerdem noch, als ob man ihn sprechen hörte. Ich will die Wunde nicht weiter aufreißen, aber ich kann nicht umhin, das Wort Macbeth noch einmal zu nennen, um Ihnen zu erzählen, wie ich dadurch angeführt worden bin. Nämlich nach allem, was Ihr Mann darüber sagte, wurde meine Neugier nach dem Aufsatz nur immer mehr angestachelt, und ich bin ihm in derZeit nachgejagt, wie der Jäger nur dem Wild nachspüren kann, u. habe mich dabei in der Tat verirrt. Ich geriet nämlich dabei in die Skizzen aus England, die mit einer Durchreise Belgiens anflngen. Dieses paßte die ersten Aufsätze gefielen mir auch, sie konnten allenfalls von Ihrem Manne sein, dann stieß ich