glaub ich beinah, daß seine bei Duncker erschienenen 12 Holzschnitt- Porträts hier mehrfach bestohlen worden sind. Es früge sich, ob er nicht eine Entschädigungs-Klage daran knüpfen könnte. Die Prozeßkosten würden vielleicht 500 £ betragen. Hat er Lust?
Lepels Verstummen ist mir ängstlich. Ich hoffe, daß er jetzt bereits wieder unter Menschen ist und seinen Grübeleien, die immer ein Unglück im Gefolge und immer den Perpetuum-mobile-Charakter haben, nicht länger nachhängen kann. Ich vermut, daß er sein Stück zurückgezogen und eine abermalige Überarbeitung versucht hat. Ist das der Fall, so ist es zum Weinen. Durch solch ängstlich-emsiges Sitzen über der Arbeit, wenn man nicht ein Pappkünstler oder einer jener Unglücklichen ist, die ihr halbes Leben dran setzen, um das Modell des Straßburger Münsters in einen Kirschkern einzusperren, wird nie etwas erreicht und nie etwas gebessert. An glänzenden Einzelheiten fehlt es ja den Lepelschen Arbeiten nie, und es ist absolut gleichgültig, ob er noch einen guten Gedanken in makelloser Form irgendwo einschiebt oder nicht, ja es ist selbst gleichgültig, ob er im Aufbau und in der Fügung des Ganzen einzelne Mängel beseitigt und Beßres an die Stelle setzt. Die Hauptsache ist doch immer der Grundplan, und an diesem kann er wohl herumflicken, aber er kann ihn nicht ändern. Solche Änderung ist in der Regel überhaupt unmöglich; nur wenn uns Jahre von unsrer eignen Arbeit trennen, nehmen wir ihr gegenüber einen Standpunkt ein, der uns einen freien Überblick über das Ganze gestattet und uns wenigstens die Möglichkeit gewährt, sofort zu erkennen: da steckt der Fehler. Wer aber so nah steht, daß er die Steine in der Wand oder echtlepelsch die Sandkörner im Mörtel zählen kann, der hat diesen freien Überblick nie. Deshalb steht der Aufwand von Kraft und Zeit, den Lepel an seine dramatischen Arbeiten setzt, niemals im richtigen Verhältnis zu dem Geleisteten. Das „Die-Sache-schwer-Nehmen“ ist zwar immer respektabel, aber auch weiter nichts. Lepel müßte ganz und gar aus dem Geleise herausgerissen werden, in dem er jetzt keucht und karrt; Kampf, Krieg, Urwald, Himalaja, oder irgendein heimisches Menschen- Beglückungsprojekt, müßte seinen Gedanken auf lange Zeit eine andre Richtung und seinem Geiste wieder Spannkraft und Frische geben, dann könnt er zu Herodes oder Kambyses oder Nebukadnezar zurückkehren und probieren, was sich machen läßt. Wir fanden heut in einer unsrer Zeitungen ein Verzeichnis der Stücke, die im Winterhalbjahr auf der Königlichen Bühne als Novitäten aufgeführt werden sollen — Lepels „Herodes“ war nicht darunter. Es ist sehr schwer zu sagen, ob man ihm dazu gratulieren oder ihn zu beklagen hat. Wenn man annehmen dürfte, es würde gefallen, so läge die Sache sehr einfach; aber beinah jedermann, Lepel selbst in seiner liebenswürdigen Bescheidenheit, erwartet höchstens die üblichen 3 Vorstellungen. Ist das nun ein Glück? Wenn man ein bißchen weiter blickt, gewiß nicht. Solche Viertelerfolge ruinieren das Renomme bei Schauspielern und Publikum. Andrerseits will man nach so vieler Mühe und Arbeit wenigstens irgendein Resultat sehen, man will sich von Frl. Fuhr oder Herrn Düringer gesprochen hören und am nächsten Tage eine Kleinsche oder Kossacksche Kritik in den Blättern lesen. Man will auch namentlich der ganzen pommerschen Lepelei auf Ehrenwort