Heft 
(1985) 40
Seite
154
Einzelbild herunterladen

dagegen lehnt sich das Herz und die Börse des Engländers in gleichem Maße auf. Soviel über die Engländer. Was die Hindus angeht, so wissen wir davon herzlich wenig, was wir wissen, wissen wir durch und mittelst der Engländer, und selbst dies parteiliche Wenig ist meinem Erachten nach nicht imstande, ihnen unsre Sympathien totaliter zu entziehn. Die indischen Fürsten sind Halunken, das scheint mir das einzige zu sein, was feststeht. Wenn Sie einen Vergleich mit Polen oder, wie Sie sich sehr hübsch ausdrücken, mit einem andrennoblen Menschheits-Fragment ziehn, so, glaub ich, fällt er zum Vorteil der Inder aus. Ich kenne weder diese noch die Polen, doch glaub ich, daß zwischen beiden ohngefähr der Unterschied stattfindet wie zwischen einem Bonnenser Studenten und einem stubsnasigen Schusterjungen aus der Mulniksgasse. Es kann mal Vorkommen, daß der letztre eingesunder Junge und jener ein etwas verfaulter Sternberg ist, das aber sind Ausnahmen. Ich denke in diesem Augenblick über den ganzen Aufstand allerdings sehr gering, gerade deshalb weil er im Sterben zu liegen scheint, aber auch jetzt noch nicht mag ich und kann ich von den Hindustämmen so gering denken, wie gewöhnlich geschieht. Sie sprechen sehr hübsch von derAutorität, die Europa auf dem Punkte stehe daselbst einzubüßen. Solche Autorität hat aber nie existiert, wenn Sie nicht auch von einer gotisch-vandalischen Autorität in Rom sprechen wollen. Gewalt ist nicht immer Autorität. Der Wachtmeister Kayser von der Schutzmannschaft hatte sehr viel Gewalt, aber gar keine Autorität. Was die berichteten Scheußlichkeiten angeht, so wiegen sie nicht schwerer als ein Strohhalm. Die Engländer haben ganz ähnlich gewirtschaft; in Magdeburg unter Tilly, in Brescia unter Haynau, in Schottland unter Cumberland, in Dorsetshire nach dem Mon- mouth-Aufstand, in Frankreich während der Cevennen-Kriege sind ganz ebensolche Scheußlichkeiten im Dienste des Königtums von Gottes Gna­den öder zu Nutz und Frommen der allein seligmachenden Kirche began­gen worden. Ich könnte das Register bloß aus den letzten 150 Jahren bis ins unendliche verlängern. Doch das hab ich schon mit diesem Briefe getan, und so denn in aller Eil wie immer Ihr

Th. Fontane.

WIR GRATULIEREN

Joachim Krueger zum 65. Geburtstag

Unser Redaktionskollege Dr. Joachim Krueger, bisher stellvertretender Direktor der Universitätsbibliothek Berlin, beging am 5. April 1985 seinen fünfundsechzigsten Geburtstag. Auch auf diesem Wege gratulieren wir sehr herzlich mit den besten Wünschen für sein Wohlbefinden und das Entstehen weiterer schöner Publikationen zu Theodor Fontane und seinem Werk (vgl. die Auswahlbibliographie).

Joachim Krueger ist ein kenntnisreicher Betreuer des Archivs desTun­nels über der Spree. Aus diesem Zusammenhang erwuchs seine Beschäf­tigung mit dem TunnelmitgliedLafontaine. So entwickelten sich die

154