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dem Ehrentag einer preußischen Prinzessin geziemt, brachte Großherzog Friedrich seine jugendschöne Gemahlin heim in sein Land, in das Schloß seiner Väter. In Mannheim landete das flaggengeschmückte Schiff, auf dem das junge Paar den Rhein heraufgefahren war. Vom stürmischen Jubel der an: Strand Harrenden ward es empfangen; ringsum von allen Gebäuden grüßten die rotgelben Wimpel und Fahnen, und was der weite Garten Badens an Blumen hervorzubringen vermochte, war zu blühenden Gewinden gebunden, und durchs ganze Land setzte sich der festlich freudige Empfang fort, vorab natürlich in der großherzoglichen Residenz Karlsruhe. Von Stadt zu Stadt erneuerten sich die Huldigungen bis an den Bodensee, wo die Mainau, das liebliche Eiland, die Morgengabe des Großherzogs an seine hohe Gemahlin, das jungvermählte fürstliche Paar in seine paradiesische Einsamkeit aufnehmen und ihm das Glück der Flitterwochen verklären sollte.
Das Jahr vorher, bei Eröffnung des Landtages, hatte der Großherzog, damals noch als Prinz-Regent, seine Verlobung den Abgeordneten mitgeteilt in folgenden Worten: „Diese Verbindung, die mir persönlich so viel Glück verheißt, wird auch, dessen bin ich überzeugt, meinem Volk zum Segen gereichen!"
Selten wohl ist eine Voraussagung vollkommener, zuverlässiger und umfassender erfüllt worden als diese: eine Mutter im wahren und vollen Sinne des Wortes ist Großherzogin Luise ihrem Volke geworden. Des Wohltuns weitverzweigtes Netz hat sie über das Land geworfen, bis in die unwirtlichsten Schwarzwaldgemeinden ist der hilfewirkende Frauenverein tätig. Ja, es würde der uns hier Zur Verfügung stehende Raum nicht genügen, wollten wir die immer neu erdachten Wohltätigkeitswerke dieser wahrhaft menschenfreundlichen und gütigen Frau auch nur in weiten Zügen schildern.
Viel schöne Jahre stoffen dem fürstlichen Paar in ungetrübtem Glück dahin; dem Großherzog in rastlos steter Arbeit und nie ruhender Sorge und Mühewaltung um das Wohl seines Landes. Auch hier ist unmöglich, nur annähernd zu erwähnen, was die Negierung im Land alles besserte und schuf, daß für Baden gar bald eine Bezeichnung gefunden wurde, die seitdem fast sprichwörtlich geworden ist: Musterstaat Deutschlands.
Dem großherzoglichen Paar war am 9. Juli 1857 Erbgroßherzog Friedrich geboren, dem im Lauf der nächsten Jahre Prinzessin Viktoria und ein zweiter Prinz, Ludwig, folgten. Erbgroßherzog Friedrich hat in der holden Prinzessin Hilda, der Tochter des früheren Herzogs Adolf von Nassau, die er sich zur Gemahlin erkoren, dem hohen Elternpaar eine zweite Tochter zugeführt. Prinzessin Viktoria aber und ihren am 20. September 1881 ihr angetrauten Gemahl, den Kronprinzen voir Schweden, schmückt am goldenen Hochzeitstag der Eltern die silberne Myrte. Segnend ruhen die Hände der hohen Jubilars auf Enkeln und Urenkeln.
Das Höchste, was ein freundliches Geschick dem Erdenbewohner gewähren kann, ist eine glückliche, gesegnete Ehe. Auf Thronen wird dies Glück um so seltener sein, weil der verschiedenartigen Pflichten so viele sind, und weil bei der Wahl nicht das Herz allein, sondern auch Staatsklugheit zu entscheiden hat.
Das hohe, in Freud und Leid sich stets gleichbleibende Eheglück aus dem badischen Fürstenthron, das ein leuchtendes Vorbild für das ganze Land geworden war, wer könnte versuchen, es zu schildern! In heiliger Treue und Liebe haben sich die hohen Gatten stets nahegestanden, jeder hat des andern so entgegengesetzte Pflichten, hier Politik, dort Wohltätigkeit, mit liebendem Interesse verfolgt und begünstigt. Als im Jahr 1866 die deutsche Frage in unvorhergesehener Weise gelöst werden mußte, wie unentwegt blieb der Fürst seinen Pflichten gegen den Bund getreu, und wie schwer mußte damals die edle Fürstin den Zwiespalt in den deut
schen Landen, sie die Tochter des Königs von Preußen und Gemahlin des Großherzogs von Baden, empfunden haben. Und doch führte gerade dieser Krieg das nun einige Deutschland den Siegen der siebziger Jahre entgegen. — Ja, an den jetzigen Festtagen gedenken die Badenser ganz besonders des Großherzogs, als eines Helden jener großen Zeit! Und welch stolzes Gefühl erfüllte damals die Brust jedes Badensers! Zumal aber mußte es der Großherzogin ein Augenblick freudigen Glückes und hoher Genugtuung sein, als ihr Gemahl es war, der das erste Hoch auf den Kaiser von Deutschland, ihren Vater, ausbrachte.
Während Großherzog Friedrich 1870 in Feindesland bei seinen Truppen vor Straßburg war, sehen wir Großherzogin Luise inmitten der Lazarette an den Krankenbetten der Verwundeten allerorten Hilfe und Trost spenden. Und wie sie's im Krieg geübt, so blieb sie auch im Frieden ein Hort der Barmherzigkeit und Güte; man möchte sagen, jeder Schritt, den sie durch das Land tat, kennzeichnete sich durch Wohltat, jede Sache, deren sie sich annahm, ging sicher einem guten Ziel entgegen, getragen durch die milde und mächtige Hilfe des Gemahls.
Und welch freudigen Anteil nahm hinwiederum Großherzog Friedrich an ihrem rastlosen Schaffen zur Verbesserung des Loses der Kranken, der Armen und Notleidenden. Als zu des Großherzogs 70. Geburtstag Stadt und Land sich zur Festesgabe einigten, wies er deren hohen Betrag den Werken seiner Gemahlin zu.
Doch läßt sich Eheglück nicht nur in Freud, vor allem wohl im Leid erkennen, wie es in: uralten echtdeutschen Volkslied heißt:
„Kam' alles Wetter auch aus uns zu sthla n,
Wir sind gewillt, beieinander zu stah'u.
Krankheit, Betrübnis und Trauer und Pein,
Soll unsrer Liebe Verknotigung sein."
Diese Zusammengehörigkeit im Leid, nachdem so lange des Glückes strahlender Sonnenschein über dem hohen Paar geleuchtet, sollte sich bei dem edlen Fürstenpaar so recht bewähren, als das verhängnisvolle Dreikaiserjahr 1888 sein dumpfes Trauergeläut immer wieder von neuem ertönen ließ. Da bedurfte der Großherzog, der schwergeprüfte Vater, seiner ganzen unbeugsam männlichen Kraft, um sich selbst aufrecht zu erhalten und der armen Gemahlin eine Stütze, zu sein an den Särgen ihres hoffnungsvollen jüngsten Sohnes, Prinzen Ludwig, ihres heißverehrten Vaters und ihres Bruders.
In jenen schweren Tagen aber fühlte auch das Fürstenpaar den rührendsten Trost in der aufrichtigen Teilnahme seines ganzen Volkes: was es an Liebe ausgesät hatte, das wurde ihm reichlich zurückgegeben, und nur fester und inniger in jener Zeit der Trauer schloß sich das Band um Fürst und Volk. Bewundernd aber auch sah dieses, wie mit un- geschwächter Arbeitskraft, in strenger Pflichterfüllung, in nur erhöhter Barmherzigkeit bei ariderer Leid und Not, der edle Fürst den eigenen Schmerz zwar nie vergessen, doch zu überwinden wußte. Haar und Bart sind ihm weiß geworden, aber die milden blauen Augen haben ihren freundlichen Strahl nicht verloren und Freude kehrt ein, wohin sie schallen.
In diesem Jubeljahr nun aber hat das Geschick förmlich als Vorgeschenk zum Fest des 80. Geburtstags und der goldenen Hochzeit den schönsten Segen gewahrt; die im ganzen Land Baden so heiß ersehnte Gnade: es ist dem alten
Zähringer Geschlecht ein jungfrisches Reis erblüht; den: Neffen des Großherzogs, dem Markgrafen und Prinzen Max von Baden ward im Frühjahr ein Sohn geboren, Prinz Berthold Friedrich, der bestimmt ist, dermaleinst die Segnungen fortzupslanzen, die das Geschlecht der Zähringer dein Land Baden gebracht hat.
Die Stadt Karlsruhe aber bereitet Zum goldenen Hochzeitsfest eine Huldigung, wie sie finniger und schöner nicht gedacht werden kann. In großen Kunst-, Archiv- und land-