und wirtschaftlich wichtigen Bereiche, ein Vorgang, wie ihn die Erfordernisse der Massengesellschaft des neuen Industriezeitalters erheischten, erschien ihm „für Preußen und die preußische Armee ganz gleichgültig“, ja sogar notwendig. „Mensch ist Mensch.“ Auch um Ideen braucht man sich nicht zu sorgen. „Man hat gesagt: ,Preußen werde durch Subalterne regiert'“, schrieb er 1895 an Tochter Mete. „Das ist richtig und auch gut so.“ Denn: „Die Subalternen . .. sorgen für Ordnung, Sauberkeit und Herrschaft des gesunden Menschenverstandes. Die ,Ideen“ finden sich von selbst, die wachsen räthselvoll und sind mit einem Male da. Das Wort Nietzsche’s von der ,Umwerthung‘ der Dinge, die durchaus stattflnden müsse, trifft überall zu.“ 13
Einen Markstein hierfür hatte der „Westwind“ aus Richtung 1789, hatten Preußens große Reformer, hatte das Jahr 1813 gesetzt. Othegraven, der „Directeur adjoint“, starb „comme un vieux soldat“, ebenso dieser „Kakerlaken-Grell“. Solchen „Konrektors“ hing man keinen „Papierzopf“ mehr an oder „bemalte ihnen den Rücken“. 14 Männer ihres Zuschnitts standen längst jenseits aller herkömmlichen Schulzenschaft, deren Wesen im Mangel an Gesinnung und Charakter gründet und Menschen von ebenso engem wie ängstlichem Geist meint. Diese „nur auf Gehorsam“ gestellte Schulzenschaft der „Streber und Carrieremacher“, der agilen Opportunisten und Gehorsamsfetischisten mit ihrem mechanisch funktionierenden „Ehrenstandpunkt“ und ihren erstarrtem Traditionalismus entlehnten „Ideen“, brauchbar als Versatzstücke für alle Gelegenheiten, war weder an Rang und Stand noch an Examina und Einkommen gebunden. Gegen solche in tieferem Sinne als geistige Schulzenschaft einzustufenden bedenklichen Erscheinungsformen unter der „regierenden Klasse“, wie sie im Protagonisten der „preußischen Idee“ Gestalt annahmen, gegen „das wahre Bourgeoistum“ nicht zuletzt richtete sich Fontanes Zorn. Qualifikationen empfand er nicht als schichtgebunden, für ihn lebten sie „einfach in den Individuen“. 15 Nicht minder verdroß ihn, in seinem literarischen Schaffen der künstlerisch-ästhetischen Schulzenschaft so vieler seiner schreibenden Zeitgenossen ausnahmslos gleichgestellt zu werden. Seines sublimen Künstlertums sehr bewußt, mußte er erkennen, daß alle aufgewendete Mühe „einem nichts hilft und daß man in der Müller-Schulzenschaft stecken bleibt (wenigstens nach Meinung der Leute)“. Und das hat ihm „alle Lust verdorben“. 16 Um so höher veranschlagte er, in Wilhelm Raabe „einem Individuum zu begegnen und seiner Eigenart“. Dem so oft als Sonderling angesehenen bedeutenden Niedersachsen klagte er: „Alles, was jetzt den Tag und die Journale beherrscht, ist physiognomielos, kann von Müller, aber auch von Schulze sein. Spaltenfutter und damit basta!“ 17 Dagegen verschlug es wenig, die materielle Schulzenschaft, d. h. die finanzielle Abhängigkeit der zahllosen kleinen Leute mit den schmalen Budgets, wenn auch unfreiwillig, teilen zu müssen. Halb wehmütig, halb ironisch auf seine begrenzten Lebensumstände anspielend, notierte er 1887: „Bleichroeder gehört nach Treport oder Biarritz, ich gehöre nach Seebad Rüdersdorf.“ 18
Der kategorische Imperativ, so hatte Stägemann seinem alle Mündigkeit so sehr entbehrendem Mündel nach Schulpforta geschrieben, lehrt uns,
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