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Der stille Weg.
Roman von Richard Skowronnek.
(6. Fortsetzung.)
ls Henner von Sacrow mittags vom Dienst nach Hause kam, stand auf den: Tisch seiner Wohnstube ein zierliches Bastkörbchen mit frischen Walderdbeeren, an dessen Henkel ein ziemlich dicker Brief mit blauseidenem Band befestigt war. „Kutscher aus Ouessendorf 'at gebracht," rapportierte der aus dem tiefsten Masuren stammende Jäger Ochotnp, „un H'Ant- wort nich war nöttich." Aber die Meldung war überflüssig, denn Henner hatte schon an dem in der linken Ecke des Umschlags eingepreßten Wappen erkannt, woher die Sendung gekommen war. Da sagte er ärgerlich etwas zwischen den zusammengebissenen Zähnen, das wie „in Frieden lassen" und „doch schon leidlich zurechtgefunden" klang, und ließ sich von dem tüchtigen Ochotnp erst mal die langen Stiefel von den Füßen ziehen, ehe er daran ging, nachzusehen, was man ihm von Ouessendorf aus noch zu sagen hatte. Der Vormittag war heiß gewesen, das Besichtigungsfieber raste, und der Kommandeur hatte das Bataillon mit eingetretenen Hauptleuten über die Maldeiner Heide gejagt, daß Offizieren und Mannschaften der graue Staub fingerdick auf den grünen Röcken lag und Mund und Augen verklebte; „Torf gebacken" bis zum Überdr.rß, „Vordermann, Vordermann!" geschrieen bis Zum Versagen der heiseren Stimme, und wieder einmal hatte die zweite Kompagnie am allerschlechtesten abgeschnitten. „Herr Oberleutnant von Sacrow, bitte, drehen Sie sich mal gefälligst um und sehen Sie selbst, wie Ihre Kompagnie steht. Ein krummes Rübenfeld ist ein Schachbrett dagegen . . . und verlassen Sie sich d'rauf, wenn mir der Herr Inspekteur den Weg zum nächsten Hutladen zeigt, dann nehm ich Sie unter den Arm: ,Sehr wohl, Exzellenz, aber der Herr Oberleutnant von Sacrow muß mill!" Als er aber nach dem empfangenen Befehl sich umwandte, sah er in den unter der dicken Staubkruste blänkernden Augen seiner grünen Jungen ein Aufleuchten des heimlichen Einverständnisses: Laß ihn nur schimpfen, den „Alten", wir, die wir uns verschworen haben, wissen ja Bescheid. Und wieder füllte die halb traurige, halb fröhliche Zuversicht sein Herz, es wird kommen, wie du dir ausgedacht hast: in wenig Tagen werden zwischen dir und der Rotblonden Hunderte von Meilen liegen. Also sollten die Ouessendorfer ihn doch zufrieden lassen; was wußten die denn von den Kämpfen, die es gekostet hatte, sich leidlich wieder zurecht- zufinden, von jenen ersten Tagen nach dem Abschied im Park, in denen er herumgegangen war wie in einem einzigen Fieber
der Sehnsucht, bis er auf das Auskunftsmittel verfallen war, sich so viel Dienst aufzubürden, daß er kaum noch aus der Kaserne herauskam. Vom frühen Morgen bis zum Mittag der Exerzierplatz, an den Nachmittagen aber stundenlange Appells, bei denen Stück für Stück der Mannschaftsausrüstung gemustert wurde, endlose Besichtigungen in der kampfergeschwängerten Atmosphäre der Kompagniekammern, kaum, daß man Zeit fand, die brave Bessie, die vormittags im Stall gestanden hatte, ein paar Kilometer im scharfen Trab über den weichen Sommerweg der Chaussee zu treiben und selbst ein bißchen frische Luft zu schnappen. Und jedesmal am Meilenstein, von dem aus hinter der Waldecke der hohe Turm von Ouessendorf zu sehen war, ein ordentlicher Kampf mit sich selbst und dem dummen Tier, das durchaus auf den altgewohnten Weg abbiegen wollte und es nicht zu begreifen schien, weshalb sein Herr an dieser Stelle nach einem kurzen Halt immer kehrt machte, statt wie früher nach links zu reiten. Des Abends aber ein kurzer Dämmerschoppen im Kreis der Kameraden und gegen Zehn Uhr müde und abgeäschert ins Bett, denn der nächste Tag mit seinen fünfzehn Stunden Dienst fing schon um vier Uhr in der Frühe an. Höchstens noch vorm Zufallen der Augen ein leidlich zufriedenes Gefühl: gut so und recht so! Alles blindlings auf den einen Tag
gesetzt, und nur nicht grübeln und denken . . .
Henner hatte sich erst von Kopf bis zu Fuß umgezogen,
stand schon in Mütze und Überrock bereit, um ins Kasino zum
Mittagstisch zu gehen, als er sich endlich entschloß, den Brief zu öffnen, am liebsten Hütte er ihn samt dein Erdbeerkörbchen in den Schrank gesperrt bis zum Tag nach der Besichtigung.
Was Frau von Ouessendorpf ihn: schreiben würde, konnte er sich ja ungefähr denken. Scherzhaft gefaßte, aber um so ernster gemeinte Borwürfe wegen seines plötzlichen Fernbleibens, vielleicht auch eine kühle Mahnung, aus Rücksicht auf die bösen Mäuler der Nachbarschaft im engeren und weiteren Kreis wenigstens noch eine Weile lang so tun, als ob inan in Ouessendorf stets nur ganz freundschaftlich verkehrt hätte, ohne jede bestimmte Nebenabsicht —- lauter Dinge, die er sich längst schon selbst gesagt hatte, ganz vernünftige Erwägungen, nach denen er vielleicht auch gehandelt hätte, wenn sein so hart erkämpfter Entschluß, mit dieser „sommerlichen Episode" ein Ende zu machen, nur auf ein wenig festeren Beinen gestanden hätte! Gewiß gab es ein ärgerliches Gerede, wenn er seine so intensiv gepflegten Beziehungen zum Ouessendorfer Haus