Heft 
(1906) 52
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gehauen worden. Berühmt sind namentlich die Grottentempel auf der Insel Elephanta bei Bombay und die Felsentempel bei Adschanta und Elura in der Landschaft Haidarabad. Aber auch natürliche Höhlen wurden von den Gläubigen vielfach zu geheiligten Stätten erhoben. Höchst eigenartig sind in dieser Hinsicht die weiten Tropfsteinhöhlen in Birma, die Bingyihöhlen, die etwa achtzig Kilometer weit von Rangun liegen. Inmitten der phantastischen Gebilde der Stalaktiten und Stalagmiten sind hier zahlreiche Bildnisse Buddhas aufgestellt worden,

ebenso hat man die Wände mit Reliefdarstellungen religiöser Szenen geschmückt. Ja, man ging noch weiter und hat ein­zelne der Tropfsteine zu grotesken Buddhabildnissen behauen.

Mchard Strauß'Salome" und War Schillings'Wo­loch". (Zu den nebenstehenden Bildnissen.) Die großen musi­kalischen Ereignisse der dies­jährigen Saison waren die Erst­aufführung derSalome" am Berliner Königlichen Opernhaus und die Premiere von Max Schillings'Moloch" im Dres­dener Hvftheater. Auch die Salome" hat in Dresden ihre Uraufführung erlebt, allein erst die Aufführung in Berlin war ausschlagend für den Erfolg des Werkes. Richard Strauß darf mit diesem Erfolg zufrieden sein: Das vielumstrittene Werk, das gewaltige Anforderungen an die ausübenden Künstler stellt, entfesselte einen Beifallssturm. Wie viel davon auf Rechnung der Sympathie für den Komponisten, wie viel auf die glänzende Aufführung und Ausstattung geht oder der bizarren Wildeschen Dichtung gilt, die als Text der Straußschen Musik zugrunde liegt, soll hier nicht erörtert werden. Richard Strauß gibt auch in diesem seinem neusten Werk Programmusik; dieSalome" ist eine symphonische Dichtung großen Stils. Ganz andere Wege geht Max Schillings, der feinsinnige Komponist vonJngwelde" undPfeifer­tag", dessenMoloch" die musikalische Welt mit so hochgespannten Er­wartungen entgegensah. Er hat sie insofern nicht ganz erfüllt, als er mit diesem jüngsten Werk nicht, wie man geglaubt, völlig neue Bahnen beschritt, sondern darin nur eine weitere Variation seiner vornehmen, zurückhaltenden Art gab, die mehr auf musikalische Feinschmecker, denn auf die große Masse zu wirken bestimmt scheint. Es fehlt auch im Moloch" die hinreißende Kraft, und wenn man für diesen Mangel an Temperament bis jetzt den Textdichter Max Schillings', den Grafen Sporck, verantwortlich ge­macht hatte, so muß man nur bekennen, daß es Max Schillings selbst an der Energie des Aus­drucks, der rechten Schlagkraft fehlen läßt. Wohl ist kein Mangel an schönen Steigerungen, an meisterhaft aufgebauten Ensemble­sätzen, entzückenden musitalischen Bildern und eigenartigen Klang- effekten, aber zu einem Ausbruch glutvoller Leidenschaft kommt es eigentlich nicht.

Die astronomische Welt- und Kunstuhr in München. (Zu der

nebenstehenden Abbildung.) Im oberen Turmstock des herrlichen Münchner Rathauses wird künftig die von dem Astronomen, Kunst- und Astronommechaniker Ehr.

Reithmann jnn. erfundene Welt- und Kunstuhr Platz finden, die jetzt im alten Nationalmufeum die staunende Bewunderung von Laien und Fachleuten erregt. Dies Meisterwerk der Technik und der dekorativen Kunst zugleich der als genialer Formenfinder bekannte Professor Otto Hupp hat sich mit seinen Schülern E. Heyen und K. Kolb dem Erfinder zu gemein­samer Arbeit verbunden ist eine der glanzvollsten Schöpfungen des Menschengeistes, es darf sich den

größten Kunstwerken aus alter und neuer Zeit stolz zur Seite stellen. In einer Art dreitürmiger Architektur aufgebaut, umfaßt das vier Meter hohe und drei Meter vierzig Zentimeter breite Gehäuse im ganzen dreizehn größere Zifferblätter. Dar­unter das zwölfteilige Ziffer­blatt, das die Münchner Ortszeit und die mittel­europäische Zeit angib 1 und von dem vierundzwanzig- teiligen Stundenring der polytopischen Uhr umschlossen wird; ferner das Astrokarium, dessen einzelne, bewegliche Ringe nicht nur den je­weiliger: Stand von Sonne und Mond, Rektaszension,

Deklination und Länge dieser Gestirne, sondern auch die Knotenlage der Mondbahn, Erdnähe usw., das Alter des Mondes, die Jahreszeiten und die Tag- und Nachtlänge für das entsprechende Datum aufzeichnen. Die wichtigste Zeit für den Astronomen: die Sternzeit, die der Ausgangspunkt für Einstellung und Regulierung unserer Uhren ist, wird auf einen: besonderen kleinen Zifferblatt der linken Turmbekrönung angegeben, während in den rechten Seitenturm das reiche Blatt des Kalendariums eingelassen ist und an den auf unfern: Bild nicht sichtbaren

Seitenwänden außerdem eine bewegliche Sternkarte die zwölf Stunden vorher dst über dem Horizont Münchens sichtbaren Stern­bilder zeigt! ein Mondrelief, ein plastisches Sonnensystem u. a. m. angebracht sind. Der Kunstuhr vorgelagert und durch eine Ballnstrade umschlossen ist ein kunstmechanifches Planetarium von hohem wissen­schaftlichem Wert, das mit seiner mathematisch genauen Berechnung und Durchführung alle bisherigen ähnlichen Darstellungen übertrifft. Fünf Betriebswerke setzen diese bewunderungswürdige komplizierte Kunst­uhr in die mathematisch genau eingeleilte Bewegung, Hauptwelle ist die an eine elektrische oder Turmuhr angeschlosfene Stundenuhr. Der ideelle Wert des Kunstwerks, dessen reellen der Erfinder auf 60000 Mark angegeben hat, ist gar nicht zu schätzen. Als das bedeutsame Werk im Jahr 1902 von der - Abteilung für Kunst und Wissenschaft der Prinz- Regent-Luitpold-Stiftung dem Astronomen Reithmann auf Grund ver­blüffender Vorarbeiten übertragen wurde, ahnte man nicht, welch herrliche Gedankenarbeit aus dem Altmünchner Häuschen an der Hofstatt hervorgehen sollte, in dem die Familien Reithmann san. und jun. patriarchalisch beisammen wohnen. Reithmann ist ein in der Geschichte der Uhrenentwicklung hochangesehener Name, der jetzt 88jährige königliche Hofuhrmacher Christian Reithmann sen. ist der Erfinder des ersten Vieriakt- Gasmotors und der elektrischen Normaluhr mit Sekundenpendel.

Won den Kalunken. Der Ausdruck Halunke gilt heute all­gemein als Schimpfwort. Das scheint aber nicht immer der Fall gewesen zu fein. Wie A. Kern in derZeitschrift für deutsche Wort­forschung" berichtet, war diese Be­zeichnung in Schlesien und seinen Nachbarländern für eine bestimmte Art niederer Schloßbediensteten ganz gebräuchlich. In demUngefähr­lichen Begriff, wie zukünftig die Hof- und Haushaltung bestellt werden soll" vom Jahr 1564 heißt es, daß die Holunkenunentbehrlich zum Versenden" sind : sie sollen sich daneben noch mit Holztragen nütz­lich machen. In andern Quellen werden Holan en als laufende Boten und in andern wieder Helunken als Forstgehilfen oder Heideläuser be­zeichnet. In Oppeln wurden im 16. Jahrhundert Wächter auch Holunken genannt, und noch heut­zutage ist auf einigen oberschlesischen Adelsschlössern die Bezeichnung Halunke für den Nachtwächter üblich,

Max Schillings.

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Astronomische Uhr aus dem Deutschen Museum zu München.

Richard Strauß.

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