um zu angemessenen Wertungen zu gelangen. [Vgl. Gesellschaft—Literatur —Lesen (1973), Naumann (1980)]. Daß der so erweiterte Begriff, schon frühzeitig in der Aufklärungsforschung praktiziert, für die Erforschung von „Klassik“ und „Romantik“ (vgl. Weber 1982), das siebenbändige Projekt „Exil“ (vgl. Klidie 1985, S. 285) oder die Verhältnisse im Vormärz (Rosenberg 1975) unterschiedlich fruchtbar angewandt wurde, hängt sicher auch mit den unterschiedlichen Voraussetzungen dieser Bereiche zusammen. Die genannten Bände 8.1 und 8.2 (1830—1900) zeigen, daß die Integration der Literaturverhältnisse in die Darstellung zu den einzelnen Autoren unterschiedlich gelungen ist. Nach Abschluß des großen Gemeinschaftsprojektes, das als Gesamtüberblick von außerordentlichem Wert ist, ist denn auch grundlegend methodisch widersprochen worden.
„H.-G. Werner wendet gegen die Kategorie ,Literaturverhältnisse' als Zentrum literaturgeschichtlicher Forschung ein, daß so die Neigung entstünde, Dichtungsgeschichte in Literaturgeschichte zu integrieren. ,Dadurch können wesentliche Zusammenhänge sichtbar gemacht werden. Allerdings ist ein solches Programm ungeeignet, als Modell marxistischer Literaturgeschichtsschreibung überhaupt zu dienen. Ansonsten würde Dichtung weiterhin vor allem als Produkt allgemeinen Sozialverhaltens und demgemäß nur in für sie großenteils unspezifischen ideologischen Zusammenhängen erscheinen, und ihre besondere Wirkungskraft, deretwegen die Gesellschaft als Ganzes und viele Individuen im einzelnen so starkes Interesse an ihr haben, könnte nicht zur Geltung kommen.*“ (Vgl. Küche 1985, S. 286, Werner 1979, S. 22)
Auch W. Heise und H. Richter haben vor der Gefahr eines „positivistischen Synkretismus“ gewarnt, um den „dichterischen Individualstil ... als das wichtigste Glied innerhalb der literarischen Prozesse“ nicht zu verdecken. (Hans Richter 1984, S. 305)
Es ist hier nicht das Ziel, weitere Grundpositionen zu referieren, aber es liegt nahe, auf H.-G. Werners Vorschläge besonders hinzuweisen, weil wir mit D. Küche einig sind, daß in Werners Modell von Dichtungsgeschichte der Vorschlag enthalten ist, die „Trennung von historisch-genetischer und sozial-funktionaler Betrachtung“ aufzuheben. (Küche 1985, S. 289) (Wir kommen darauf in unserem Bericht mehrfach zurück.)
Um Verständnis wird gebeten, daß die Auswahl der erreichbaren Literatur diesem Ziel untergeordnet wird. Weder die gesamte Fontane- Forschungsliteratur konnte erwähnt werden, noch sind andere literarhistorische Darstellungen (als GDL 8.1 u. 8.2, Berlin 1975) oder alle Titel zum LL herangezogen worden. Den springenden Punkt bilden solche Fragen: Wie und worin berühren sich die Materialien aus unterschiedlicher Sicht? Kann man aus unterschiedlichen Vermittlungen zwischen „Literatur und Gesellschaft“ klar zu markierende Integrationszonen gewinnen? Das Erreichte und die Methoden-Diskussion erweisen sich als anregend, denkt man an die bisherigen Leistungen der Fontane-Forschung, hier besonders an die Konferenzen.
Aus guten Gründen hatte sich die erste Fontane-Konferenz (1965 in Pots-
202