Heft 
(1985) 40
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dam) den ideologischen Grundpositionen in der Entwicklung Fontanes zugewandt [vgl. H.-H. Reuters Referat und Forschungsbericht 1966; vgl. Reuters (1968) und Sommers (1971) darauf vorgelegte zweibändige Dar­stellungen.] Damals ging man betont historisch-genetisch vor, wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung des Textes für die künstlerische Bio­graphie. W. Müller-Seidel, der ein Jahrzehnt danach sein großes Interpre- tationsfuch vorlegte (1975), ging 1965 vom EinzeltextSchach von Wuthe- now aus. Literaturgeschichtliche Einbettung i. S. eines breiten und differenzierten Stromes zeitgenössischer Produktion und Rezeption stand in dieser Phase der Forschung nicht im Vordergrund. Auch die Potsdamer Konferenz von 1969 (Fontanes Realismus, Druck 1972) kennt nur wenige Beiträge, die eine Ausweitung des Untersuchungsfeldes anzeigen. Es waren die Herausgeber P. Goldammer, G. Erler und H. Nürnberger, die sich in dieser Richtung zu Wort gemeldet haben; letzterer zu H. Kletke und Fon­tanes Beziehungen zur Vossischen Zeitung. Ch. Jolles betonte den Wert der Englandstudien für das nachfolgende Werk, wobei auch sie sich auf Beobachtungen und Gedanken, die aus meiner editorischen Arbeit her­ausgewachsen sind stützte. (Realismus 1972, S. 95) Auch W. Paulsen meint (1981), daß damals wichtige Neuansätze in der Fontane-Forschung von der Edition ausgegangen sind .Reuters Hauptreferat trug dem weniger Rech­nung, eröffnete andererseits Wege der Forschung in Richtung auf eine komplexe Untersuchung des Schaffensprozesses, zu dem er als Herausgeber, etwa der Rodenberg-Briefe, beigetragen hat. (Rodenberg-Briefe 1969) Sein 1969 vorgelegter VersuchGrundzüge und Materialien einer historischen Biographie wies über seine zweibändige Darstellung hinaus. Das Kapitel Erfahrung und Dichtung zeigt neue Ansätze zur historischen Fundierung der Biographie. Umfeld-Forschung war nicht Anliegen des Fontane-Sym­posions 1984 in Bad Homburg (vgl. Keiler 1985, S. 97105).

Ehe wir uns der Anwendung des Begriffes LL in der Fontane-Forschung der letzten 10 Jahre zuwenden, muß mit F. Betz (1983; S. 201, 206, 211) festgestellt werden, daß solche Studien zur Bewertung des Fon- taneschen Werkes unerläßlich sind; und wir fügen hinzu, daß darin erhebliche Defizite gegenüber anderen Bereichen zu verzeichnen sind. Dabei fehlt es nicht an Arbeiten in dieser neuen Richtung. Aber es gilt wohl auch hier die grundlegende Einsicht, daß die Erweiterung eines Forschungsgebietes durch die Einbeziehung von Nachbardisziplinen in dem Maße sinnvoll ist, wie sie von leitenden Hypothesen bestimmt wird oder doch dorthin führt.

II

Ich schriebe gern einen zweiten [Roman], der, in Bücher und Kapitel eingetheilt, und in seinen Scenen und Personen skizziert, längst vor mir liegt. Aber unsere deutschen Buchhändler-, Ver­kaufs- und Lesezustände lassen es mir leider fraglich erscheinen, ob ich je zur Ausarbeitung kommen werde.

F. an Mathilde von Rohr (3. 6. 1879)

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