Heft 
(1985) 40
Seite
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Hier nun empfiehlt sich ein weiterer Exkurs (quasi als dritte Ebene) über die Strukturen jener frühen Texte. Dabei kann an P. Demetz, C. Liesen- hoff, H.-J. Konieczny u. M. Windfuhr angeknüpft werden.LAdultera steht nicht nur am Anfang jener Experimente zu einem neuen Berliner Roman (gearbeitet 1879/80), die Novelle verbindet die genannten Ebenen in mehrfacher Hinsicht. Denken wir die (versuchte) Trennung von W. Hertz dazu, die Polemik gegen generelles Unverständnis seiner Schreib­tätigkeit (an Engel gegen Mauthner), und alles dies als Auftakt zu den erst später folgenden Gegenwartsromanen (vonCecile bisStine), so zeigt dieses Bild von Tätigkeiten zweierlei: die Bindung an geltende Konventionen und den Versuch eines Ausbruches aus diesen Konven­tionen. Versteht man unter Krisis eine notwendige Überprüfung von Positionen, so kann mit diesem Text tatsächlich eine wichtige Station bezeichnet werden.

P. Demetz meint, triviale Züge besäße der Roman durch Verkürzungen des gesellschaftlichen Raumes zugunsten einer Flucht in einefugenlose Welt (1970, S. 12). Darin berührt er sich mit H. J. Konieczny und dessen Hinweis auf Vermeidungsstrategien im Bild der Hilde ausEllernklipp. Weitere Ergebnisse der Forschung treten hinzu.

F. Betz hat die neuere Sekundärliteratur zu FontanesLAdultera referiert (1983, S. 208211) und ist den Abwertungen der frühen Forschung und bei P. Demetz damit begegnet, daß mehrfache Übergänge im Text zu berück­sichtigen seien. Kitsch und Kitschkritik würden sich überschneiden. Senti­mentale Züge seien zwar nicht zu übersehen und zielten wohl auch auf female readers. Daneben kämen aber auch dieliteratury connoisseurs (1983, S. 288) auf ihre Kosten. Zwischentöne, Untertexte und Verweisungen stünden dafür als Indizien. Der zweite Teil der Novelle (nach dem Abschiedsgespräch der einstigen Partner) bliebe schwächer als der erste, was auch P. Demetz sah, die Fülle der zusätzlichen Zeitbezüge würde aber bei P. D. ausgeklammert.

Finally, Demetz ignores the genesis of the novel, the historical context of the .Bismarck and the .Gründerzeit, and social and psychological aspects of .Frauenleben.

Frauenleben hatte D. Mende unter Berufung auf Freud und Marx aus diesen und anderen Fontane-Romanen herauspräpariert. Das ist anregend, allerdings unter bewußtem Verzicht auf die gesamte Textstruktur dar­gestellt worden:

Anstatt über das angeblich Triviale zu klagen, wäre es besser gewesen, darüber nachzudenken, warum Glückszustände, dazu noch andauernde, soviel schwerer (in Prosa) zu fassen sind als solche des Unglücks. Der Bruch im Roman ist der Widerstand, den der Stoff der ästhetischen Transformation objektiv setzt, und daher not­wendig. (Fontane aus heutiger Sicht 1980, S. 209; vgl. Betz 1983, S. 211).

Das ist ein Urteil, das die trivialen Züge dieses Textes nicht nur als quasi technische Grenze der Gestaltung erklärt, sondern die Möglichkeiten der

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