ist da, wird rezipiert, wirkt, funktioniert, ist abrufbar. Es amortisiert sich nicht: es leistet geschichtliche Arbeit ... Und es wirkt am Ende — was sein Zweck - nicht bloß innerhalb von Literatur“ (1981, S. 145 f.)
Da die Arbeiten von Kl. R. Scherpe und P. Wruck leichter zugänglich sind, sei hier auf P. U. Hohendahl verwiesen. P. U. H. untersucht die Textstruktur der „Mathilde Möhring“ von einer „Nahtstelle“ aus (1979, S. 92), die als „Bruch“ empfunden werden kann, weil der Lektürevorgang nichts Feststehendes ist.
„Vom Ende her liest sich der Roman als die Geschichte einer Selbstbefreiung, der die früheren Stufen wie die Verlobung mit Hugo und die Rolle als Frau Bürgermeisterin in Woldenstein unterzuordnen sind. Liegt das Schwergewicht der Lektüre auf dem Hauptteil, wird man den Roman mit Günther Mahal als die Geschichte einer verunglückten Karriere lesen. Beide Lesarten übersehen meines Erachtens die Veränderung nach dem 16. Kapitel, die sich bei Mathilde in einer neuen Einstellung zur Arbeit ausdrückt. Während vorher Arbeit wesentlich als Zwang begriffen wird, überwiegt am Schluß das Moment der Selbstverwirklichung: die Heldin gewinnt durch ihren Beruf ihre Identität. [...] Ob Fontane diesen Bruch gespürt hat und deshalb den Text nicht veröffentlichte, bleibt freilich Spekulation.“ (vgl. Noll 1979, S. 595)
Die „konsequente Bürgerlichkeit'“ der Heldin (S. 88) veranlaßt P. U. H., deren Realitätssinn als Einengung darzustellen, wofür es tragende Motive gibt. Indem ihr Wille aufzusteigen immer nur an die gegebene Gesellschaftsordnung, deren Normen sie für sich anerkennt“, gebunden sei, verlöre sie nicht nur ihre Sicherheit. „Der Zugang zur eigenen Subjektivität sei ihr verstellt durch die von außen auferlegte soziale Rolle“ (S. 89). Bis in die Sprache der Dialoge reiche dieses Rollenspiel, wirke die soziale Entfremdung. Eiserne Zwänge, eine Weit des Müssens, diktiere (für die Heldin und Hugo Großmann) das Leben.
Die als „Bruch“ empfundene Berührungszone zwischen weiten historischen Bezügen und konkreten Versuchen des Autors könnte im handschriftlichen Text verfolgt werden. Der Überblick bei Ch. Jolles (1983, S. 112—114) zeigt, daß der Streit um diesen Roman alle Bereiche tangiert: editorische Bemühungen, Buchmarktforschung, Soziologie und literaturwissenschaftliche Interpretation. Teile der Handschrift liegen im Fontane-Archiv (vgl. Erler, 1969). P. U. Hohendahls Neuansatz, der sich mit einer Studie von D. Sommer (1983) berührt, führt uns zur Zusammenfassung, zu offenen Fragen der Forschung. Textinterne und textexterne Faktoren wirken zusammen. Diese Einsicht verlangt gebieterisch nach der Ausweitung unserer Bemühungen.
IV
Ich entferne mich mit meinem Geschmack immer mehr von dem, was das Publikum will und was
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