Heft 
(1985) 40
Seite
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die das historische Ursprungsfeld (LL) aufhellt, damit die Begegnung heute (unter anderen Bedingungen) schöpferisch sein kann: Archivierung, Edition, geschichts- und dichtungsgeschichtliche Forschung sind zur Zu­sammenarbeit auf gerufen:

1. zur weiteren Sammlung, Herausgabe und Erschließung der Texte, wie sie mit den drei großen Gesamtausgaben in der Gegenwart begonnen und durch das Fontane-Archiv befördert worden sind. Internationale Projekte, wie die Gesamtverzeichnung der Briefe oder die Zentralisie­rung der Werkmanuskripte an einem Ort, liegen in dieser Richtung. Der Wert dieser Arbeiten ist groß, die Verbesserung des Kommentars eine bleibende Aufgabe.

2. zur Aufarbeitungweißer Flecke der Forschung, wie etwa der Kriegs­historik. Dies bleibt nötig, nicht allein, weil F. bemerkt hat, er sei darüber erst eigentlich zum Schriftsteller geworden, sondern auch darum, weil die journalistischen Arbeiten in ihrer Bedeutung für das erzählerische Werk noch ungenügend erschlossen sind. Daß z. B. die Frankreich-Bücher grundlegend neue Positionen zu den Revolutionen des 18. und 19. Jahrhunderts enthalten, hat Sagave (1983) gezeigt. Die vollständige Verzeichnung der zeitgenössischen Rezensionen (wie sie zu einzelnen Werken schon vorhanden sind) käme dem Kommentar der großen Aufgaben ebenso zugute wie die Erschließung noch un­genutzter Arbeitsnotizen (die nicht gedruckt sind).

3. Die komplexe Untersuchung des Gesamtwerkes von interessanten Konzentrationspunkten her (wie z. B. demStart als sog. freier Schrift­steller) würde wahrscheinlich nicht schnell zu einer neuen Gesamtdar­stellung führen. Vielfach gegen H.-H. Reuter polemisierend, bleibt E. Verchau (1983) dessen Darstellungsprinzip stärker verhaftet, als er dies anstrebt. Die Konzentration auf noch einzugrenzende Schaffens­phasen von unterschiedlichen Ausgangspositionen aus, vom Text her, der literarischen Kommunikation aus, von Geschichte und Wirkungs­geschichte her, äußere und innere Biographie miteinander verbindend, solche komplexen Untersuchungen werden immer dringlicher. Dazu gehören Hilfsmittel.

4. Verdienstvolle bibliographische Vorarbeiten müssen in absehbarer Zeit zu einer umfassenden Fontane-Bibliographie zusammengefaßt werden. (Vgl. Schobeß I960, Koester 1968, Jolles 1983.) Dabei wäre ein Weg zu finden, wie das unersetzbare Wissen vieler ausgezeichneter Kommen­tare in verstreuten Ausgaben und Erstveröffentlichungen auch den­jenigen zugänglich gemacht werden könnte, die nicht über alle Ausgaben verfügen. Damit sind Fragen nach der Anlage einer solchen Bibliographie gestellt, die die Frage erweiterter kritischer Textausgaben einschließt. Vorschläge dazu werden als Sonderdruck zu unserer Konferenz vorgelegt.

5. Faßt manLiterarisches Leben weit, so verbinden sich damit die allgemeinen Momente der Geschichtsentwicklung und die Besonder­heiten einer Künstlerbiographie. LL erweist sich als Teil des umfas­senden Verhältnisses von Literatur und Gesellschaft. Darum benötigen wir neue Forschungen der Geschichtswissenschaft (wie sie zu Bismarck

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