lauten, das unausgesprochen eine ganze Reihe von Publikationen verbindet. Solche Bändchen, die sich wohl selten in den Bücherschrank des Philologen verirren (und auch kaum für diesen gedacht sind), präsentieren einen handlichen Fontane für die Westentasche des Lesers. Fontane für die Westentasche — bezeichnet dies ausschließlich das äußere Format (zwischen 6X8 und 10 X 15 cm) oder auch das qualitative und editorische Format jener Bücher?
Nur wenige Herausgeber solcher Anthologien sind heute so mitteilsam, ihre editorischen Visitenkarten offen auf den Tisch zu legen und sich in einer Einleitung oder einem Nachwort über Absichten und Prinzipien der von ihnen vorgelegten Auswahl zu verbreiten. Berechnete Zurückhaltung. Neutralität oder naives Vertrauen darauf, daß die implizite Aussagekraft von Untertiteln, Aufbau und Präsentation der Auswahl das geschickte rechte Wort einer kenntnisreichen Einführung ersetzen könnte?
Die von Ilse Holzapfel besorgte Auswahl „Lebensklugheit. Aus Briefen Fontanes“ vertraut ausschließlich auf die vielsagend für sich selbst sprechende Wirkung der hier zitierten Aussprüche Fontanes. Dem Leser werden weder eine kurze biographische Einleitung noch editorische Notizen zur Einordnung der zitierten Textstellen an die Hand gegeben. Auch eine Würdigung des umfangreichen Briefwerkes des Dichters, die etwa auf die stilistischen Eigenheiten des talent epistolaire, die Bedeutung und den Stellenwert der Briefe im Zusammenhang des Gesamtwerkes hätte eingehen können, sucht man vergebens. Wohlan, schließlich liegt der Akzent auf dem anspruchsvollen Begriff „Lebensklugheit“, also auf individuellen wie allgemeingültigen Erkenntnissen und Überlegungen, die in den Briefen zu finden sind. Hätten aber nicht doch einige Gedanken und Hinweise dem Leser, der sich Fontane auf diesem Wege nähert, einen Zugang zu besserem Verständnis geschaffen?
Die Auswahl bietet über 100 chronologisch angeordnete Auszüge aus Briefen Fontanes aus den Jahren 1846 bis 1898. Die Daten der Briefe sind jeweils mitgeteilt, nicht aber die Adressaten, die Quelle, die Situation des Briefschreibers oder der Kontext des Zitats. Es war der Herausgeberin daran gelegen, „Kernstellen“ aus dem umfangreichen Briefwerk herauszukristallisieren, zentrale Aussagen in oft sentenzenhaften Sätzen. Obwohl man sich des Eindrucks des Fragmentarisch-Unvollständigen nie erwehren kann, gelingt es dennoch, etwas von dem nonchalanten Charme der Causerie wie von der geschliffenen Formulierungskunst, die das Wesentliche im scheinbar Beiläufigen festhält, zu vermitteln. Die Verfahrensweise, sich bis auf wenige Ausnahmen auf kurze und kürzeste Auszüge — meist einzelne Sätze oder gar nur Satzteile — zu beschränken, macht jedoch zwangsläufig das unbefriedigend Lückenhafte sichtbar. Da in keinem Fall ein Beziehungsfeld gegeben ist, das für die angemessene Bewertung der zitierten Brief stellen notwendig wäre, wirken die aus ihiem Zusammenhang gerissenen Fragmente je nachdem lapidar, monumental oder bedauerlicherweise auch banal. Manche Auszüge hätten eindiinglicher und anregender wirken können, hätte man sich entschlossen, den unmittelbaren Kontext ebenfalls aufzunehmen (z. B. die Briefe an Emilie vom