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V a 1 e s c a.
Novelle
von
Julius Grosse.
n den Corridoren und Wartesälen des Südbahnhofes von S. wogte ein dichtes Gedränge. Mit Ungeduld warteten die Scharen von Reisenden und Sommerfrischlern auf das ersehnte Zeichen, welches ihnen die Thüren zur Eiusteighalle öffnen sollte, und der Tumult der Stimmen ringsum war so groß, daß sich das Gespräch der Einzelnen keine Rücksicht anfzuerlegen brauchte.
„Ah — sieh da, bester Major — Sie auch hier; das ist vortrefflich!" ließ sich eine etwas spitze Stimme vernehmen. „Fahren Sie mit nach Moorheim?"
„Wird sich leider nicht machen lassen, alter Freund. Ich muß nach Sonnensee."
„Jammerschade — aber ich denke, wir haben noch fünf Minuten Zeit. Darf ich bitten, Verehrtester, hier ist noch ein Platz zum Sitzen. Wie lange ist es jetzt, daß -wir uns nicht gesehen — und wie
! lange wird es dauern, bis wir wieder in ^ die gewohnte Winterordnung kommen.
- Aber Vorwürfe sollte ich Ihnen doch machen, daß Sie ganz unsichtbar ge-
! worden."
! „Was wollen Sie, bester Commerzien- ! rath," sagte der Major, „Sie kennen ja ! meine Verhältnisse. Zuerst diese Herbst- t Manöver, dann der Gntsverkauf und ! nun auch diese plötzliche Affaire meiner
- Schwester —"
i „Ah, ganz richtig, bester Major — ^ eben wollt' ich danach fragen. Da muß i man ja von Herzen gratuliren, wenn ! sich's denn wirklich so verhält, wie man sagt. — Großes Aufsehen in allen Kreisen. Wer hätte das erwartet, und wie ist das Alles so rasch gekommen?"
„Ich kann Ihnen das Alles in der Eile nichr erzählen, alter Freund. Bis jetzt weiß ich selbst nur Allgemeines; aber
M o 11 a t 8 h est c, M 298. — Juli 1881. — Vierte Folge, Bd. VI. 34.
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