Heft 
(1881) 298
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Jllustrirte Deutsche Monatshefte.

zerreißt, Wasserströme stürzen hervor und der Sunipfsee Saloö verschlingt die Stadt. Immer findet also die gründlichste Zer­störung statt; es meldet nur der Mythos davon, dessen Richtigkeit Strabo ans ge­schichtlich überlieferten Erdbeben nachzu­weisen sich bemüht. Dies alles paßt nicht auf unsere (Alt-Smyrna's) Trümmer. Ueberdies dachte man sich, wie es scheint, die sagenhafte Stadt auf der Höhe des Berges, denn sie ist ein Ruheplatz der Götter, und dies gilt, so viel ich sehe, im­mer nur von hohen Bergspitzen; auch des ,Pelops Thron ^ liegt nach Pausanias ,auf dem Gipfel des Berges > (Paus. V, 15, 7). Chandler und Hamilton sahen daher als das Local dieser Sage die snmpfreiche Niederung im Osten von Magnesia an, wo der Sipylos wie eine steinerne Wand aus der Ebene steil emporschießt. Zwei Stunden von Magnesia findet sich ein größeres stagnirendes Wasserbecken, wel­chem man erst in den letzten Jahren eine segensreiche Ablenkung verschafft hat; seitwärts von diesem See ist der hohe Fels durch einen Riß von oben bis auf den Grund gespalten, und zahllose klei­nere Zerklüftungen deuten auf die Gewalt einer natürlichen Umwälzung. Gerade über dem Wasserspiegel findet sich das berühmte Felsenbild, das man als das­jenige der Niobe zu betrachten pflegt. Anderen schienen die Beschreibungen auf das Werk nicht zu Paffen, und sie ziehen vor, in demselben die Göttermntter zu er­kennen, von welcher Pausanias sagt, daß sie ini Gebiete der Magneten sich befinde und daß über ihr der Thron des Pelops sei. Jedenfalls bleibt auch dieses Bild eine Stütze für die Annahme, daß die Alten hierher das Local der Sipylosstadt verlegten, und überdies hat man schließ­lich das Recht, die Worte des Plinius (II, 205) und des Strabo als ein aus­drückliches Zeuguiß hierfür in Anspruch zu nehmen."

So weit Prof. IR. Hirschfeld, dessen Ver­muthungen durch das Folgende in Allem bestätigt werden.

Vom westlichen Seeufer stiegen wir in direct östlicher Richtung den Berg hinan, was, da sein Fuß aus Schutt, herabge­rolltem kleinen und großen Gestein, mit Humus durchmischt, besteht, keine Schwie­rigkeiten bietet. Die Ebene liegt 80 m

über deni Meere; nachdem wir 105 m gestiegen, kamen wir an die Felswände, die sich treppen- oder besser terrassen­artig über einander emporschieben, oft nur 5, oft 20 bis 30 Fuß hoch. Der Führer wußte stets Rath, an jeder Wand kannte er einen Spalt, einige Löcher, in denen Hände und Füße hafteten, und nur einmal mußten wir, um eine Terrasse höher zu kommen, weit nach Westen zu­rückgehen. Wie wir auf den vor uns liegenden steilen hohen Grat kommen soll­ten, war mir noch ein Räthsel. In 230 m Seehöhe waren wir am eigentlichen Fuße des Kegels angelaugt, und hier bemerkte ich, daß an seinem nördlichen Abhang, der noch der mildeste ist, ein ansteigender, oberhalb wieder sichtbarer, also wahr­scheinlich im Zickzack laufender Pfad von fast 1 m Breite in die Felswand hinein- gemeißelt war. Ich drang auf ihm vor, mußte aber bald zurück, denn herab­gestürzte Felsen hatten ihn auf einige Schritte Länge zerstört, oder vielleicht auch war das fehlende Stück einst ausge­mauert gewesen. Es ging also nun wie­der die Terrassen hinan bis in die Nähe' einer schon von fern sichtbaren hellgelben großen Höhlung, die, nebenbei gesagt, in- deß nicht von Menschenhand herzurühren scheint.Nun geht's los!" sagte der Führer. Das Barometer zeigte 275 m Seehöhe. Eine enge schmale Spalte ging fast senkrecht empor; ehe wir uns an- schickten, in ihr hinaufzuklettern, ver­schnauften wir erst, und mit Beruhigung gewahrte ich dichtes Lorbeergebüsch, Stein­eichen und anderes Unterholz aus ihr her­vorwuchern. Es ging besser, als ich gedacht; die Wurzeln und Sträuchen boten viel­fachen Anhalt, ebenso das von ihnen fest­gehaltene Erdreich, und hin und wieder waren rechts und links in den Felswän­den kleine Löcher eingehauen, die Händen und Füßen Anhalt boten. Es war dieser Spalt also auch im Alterthum benutzt, vielleicht ehe der gemeißelte Pfad fertig gestellt war. 30 m war die Schlucht hoch, und wir traten aus ihr heraus auf ein kleines Plateau in 305 m Seehöhe. Zur Linken nach Norden, etwa 10 Fuß tiefer, lag ein in den Felsen gemeißeltes Doppelhaus, zur Rechten, aufwärts, ein anderes. Bei der starken Steigung des Felsens hatte die ganze Rückwand des