Lieber Fontane.
Diese Woche ist allgemeine Zurücklieferung der entliehenen Bücher an die Kgl. Bibliothek; ich muß Sie daher bitten, mir die 3 Bände schottischer Balladen spätestens bis Morgen (Dienstag) gefälligst wieder zukommen zu lassen.
In Betreff des belletrist. Jahrbuches fange ich schon an, einigen Katzenjammer zu anticipiren. Mich persönlich quält es, daß ich augenblicklich (nach mehreren anderen unabweislichen Störungen) sehr streng bei meinem wissenschaftlichen Arbeiten bleiben muß. Es ist mein lebhaftester Wunsch, irgend etwas Gutes im Fache der Erzählung zu liefern, und es ist allerdings möglich, daß ich mir in etwa 8 Wochen eine kleine Frist dazu abmüßigen kann; aber mit Bestimmtheit ist darauf nicht zu rechnen. (Die ganze Wendung, sofort in 3 Monaten ein solides Jahrbuch zu liefern, lag doch eben nicht im ursprünglichen Plan, so vernünftig sie an sich auch ist.)
An Paul (dessen Geburtstag am 15. d. Mon. ist) habe ich vorläufig schon geschrieben, ich weiß aber nicht, ob er im Stande sein würde, sofort das Nöthige zu beschaffen. Und doch muß das erste Debüt vollkommen würdig ausfallen.
Lepel sprach neulich, am Sonnabend, von einem novellistischen Plane: würde er ihn mit Entschiedenheit durchführen? In der Tunnel-Concur- renz ist eine Novelle eingelaufen, ohne Zweifel von Goldammer; sie ist originell und spannend, und es möchte schon, ihrem ganzen Wesen nach, das Augenmerk auf sie zu richten sein; aber sie würde jedenfalls, in mehrfacher Beziehung, noch eine gründliche Umarbeitung nöthig machen und der Autor selbst würde hierzu wohl am wenigsten befähigt sein.
Ich habe speziell darauf gedrungen, die Herausgabe des Jahrbuches einem Einzelnen, und zwar Ihnen, zu octroyiren; aber ich fühle daraus die Pflicht meiner moralischen Mitwirkung nicht weniger stark.
Ich würde mich sehr beruhigt fühlen, wenn Sie mir Ihre Aussichten oder Pläne mittheilen wollten. Ich hoffe übrigens, daß Ihr Unwohlsein nicht der Art ist, daß diese meine hypochondrischen Scrupel darauf Einfluß haben könnten: es sind doch immer noch 3 Monate und 6 ordentliche Leute, — freilich — wäre auf alle 6 nur ein recht solider Verlaß!
Stets /
der Ihrige
F. Kugler
7/3.53
Nb. Pauls Adresse ist: Roma, Via di S. Andrea delle Fratte, No. 12
Ich habe auch viel an grippösen Dingen laborirt und darf mir noch immer gar nichts bieten. Sobald als thunlich, werde ich es versuchen, zu Ihnen zu schwimmen.