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w. Ls. Riehl in München.
wäre das Buch aber ausgeliehen, so würde mich dies gleichfalls freuen, denn es ist der Beweis, daß meine Bibliothek fleißig benutzt wird."
Der Professor empfahl sich dankend und sprach vor der Thüre zu sich selbst: „Mag kommen was da will, so freut es diesen Mann; das ist der
ächte Optimismus, den man nur im täglichen Umgang mit hunderttausend Büchern gewinnt. Wenn ich noch einmal zur Welt komme, so möchte ich als Bibliothekar geboren werden. Der glücklichste König aus Erden ist doch so ein Bibliothekbeherrscher. Seine U-nterthanen stehen wohlgeordnet in Reih' und Glied, sie räsonniren und rebelliren nicht und sind allezeit seine treuen Freunde; er möchte keinen vermissen, er liebt sie alle und ist verliebt in viele. Die besten schätzt er, weil sie so selten gut, die schlechten, weil sie so selten schlecht sind und bei den mittelmäßigen entzückt ihn die ungeheuere Masse."
Im stillen Hofe des Bibliothekgebäudes angelangt, durchblättterte der Professor rasch sein Buch, fand die richtige Stelle und ging nun lesend weiter durch die Straßen; und als er — der Weg ist nicht weit — in das Thor seines Gasthofes, des „rothen Hauses", trat, hatte er bereits alle Belege gefunden, seine Hypothese stand mauerfest. Seelenvergnügt eilte er auf sein Zimmer, unzufrieden nur über die entsetzlich lange Zeit, die er noch warten mußte, bis er auf der Villa Bechen Bericht erstatten konnte — noch ganze fünf Stunden!
Allein auch diese fünf Stunden vergingen, wie Alles in der Welt, und als er nun wieder der liebenswürdigen Dame gegenüber saß wie gestern, auf demselben Stuhle wie gestern, zur selben Stunde, im selben Sonnenschein, mit derselben stummen Engländerin zur Seite, da war es ihm als sei seitdem gar keine Zeit verflossen und er sei niemals fort gewesen.
Man schritt bald zur Hauptsache, zur Mosaik, und so gingen sie selbzwei wieder durch den Park wie gestern, der heute gerade so rein und nett erschien. Aber an dein Bretterzäune sah es anders aus. Die Erdhaufen waren eingeebnet, die Bausteine ordentlich zur Seite gesetzt, das wuchernde Gras und Unkraut verschwunden.
„Ich wollte vordem hier eine Einsiedelei bauen," sagte Frau von Bechen schalkhaft, sich an des Professors Ueberraschnng ergötzend, „und es war unversehens eine Wüstenei geworden. Ich glaube fast, die wirklichen Eremiten sind die unordentlichsten Menschen, blos weil sie immer allein sind."
„Die Eremiten wohl, gnädige Frau, aber die Eremitinnen nicht, wie Ihre Villa bezeugt. Sie haben heute hier einen kleinen guten Anfang gemacht, aber Sie werden weiter gehen, Sie werden einen griechischen Tempel über dieser Stätte bauen, denn" — — hier hielt er lange ein — „Sie sind die glückliche Besitzerin eines seltenen Schatzes: — Ihr Mosaikboden ist — griechisch!"
„Aber waren denn die Griechen jemals in Trier?"
Der Gelehrte sah die Fragerin mit großen Augen an; sie war doch niemals anmuthiger, als wenn sie recht unwissend war. „Die Griechen!" rief