Heft 
(1879) 25
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W. H. Riehl in München.

dennoch stylgerecht zu gestalten haben. Aber denken Sie denn im Ernste daran, diese Halle zu erbauen?"

Frau von Bechen bejahte es.Und ich will zugleich meine Gründe darlegen. Nicht die wissenschaftliche Bedeutung des alten Fußbodens bewegt mich zu dem Bau, sondern die religiöse. Denn wenn so viele gescheidte und gelehrte Männer in den Schriften und Denkmalen Griechenlands das Urbild des Edeln und Schönen finden und aus ihrem Anschauen Kraft und Verjüngung gewinnen, wenn ihnen Hellas das Zauberwort in allem Wechsel des Völkerdaseins ist, dann ist auch das hellenische Alterthum ihre Religion. Die meinige strebt zu einem anderen Ideale, aber ich lasse jedem die seine, wenn er sie nur treuen Herzens umfaßt. Da ich nun auf meinem Grund und Boden eine Reliquie besitze, zu welcher Gläubige gern wallfahrten möchten, so halte ich's für unrecht, ihnen dies zu wehren. Ja ich lasse ihnen gern eine Kapelle über ihr Heiligthum bauen. Ich werde aber jenen Theil des Parks besonders abzäunen und mit einem eigenen Eingang versehen lassen, damit mich die Wallfahrer nicht stören, die anfangs in Strömen, später tropfenweis kommen werden. Denn auch ich will in meinem Heiligthum nicht gestört werden, in meiner Einsamkeit. Sie sehen, wie die wenigen Worte, die Sie gestern gesprochen, meine Ansicht von der alten Mosaik geändert haben. Und so mag denn jene jonische Halle zugleich auch ein freundliches Erinnerungsmal unsers Zusammentreffens sein. In wenigen Tagen werden Sie von Trier abreisen, wir werden uns vielleicht in Jahren nicht Wiedersehen, vielleicht niemals. Die Pole der Poesie unseres Lebens sind Vergangenheit und Zukunft, und so sollen mir die schönen Stunden, welche ich jetzt mit Ihnen verlebte, in der Zukunft zur viel schöneren Vergangenheit werden, wenn sich einmal die jonische Halle über der alten Mosaik erhebt."

Fesselnd und unnahbar zugleich!" dachte der Professor.Welch' ein seltenes Weib verbirgt sich hier der Welt!"

Aber er hatte nicht lange Zeit, diesen Gedanken nachzuhängen; denn sie fragte ihn nach den Schicksalen feiner Familie, nach Vater und Geschwistern, die ihr seit dem Tode seines Bruders aus den Augen gekommen waren. Sie fragte so theilnahmvoll, sie wollte Alles so genau wissen; er hätte dagegen so gern von ihrem eignen Lebensgange gehört, von dem ohne Zweifel dornen­vollen Weg, der sie in diese Einsamkeit geführt, aber die Zeit verrann; und er konnte das Wort nicht finden.

Am späten Abend noch traf der Professor den Arzt und den Bibliothekar im geselligen Kreise. Er war sehr aufgeregt, freudvoll und leidvoll.

Plötzlich sagte er ganz heimlich zum Arzte:Ihre Patientin aus Villa Bechen wird genesen: sie läßt eine Halle mit jonischen Säulen über ihren alten Mosaikboden bauen und erlaubt Jedermann, das seltene Kunstwerk zu betrachten. Und die kranke Frau wird in Ihre Apotheke kommen," so fuhr er noch leiser fort, zum Bibliothekar gewandt.Sie will die ganze Literatur über Mosaik kennen lernen. Ich habe ihr ein Dutzend Bücher ausgeschrieben,