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M. ls. Riehl in München.
des Alterthumsfreundes der Porta nigra gegolten, und er war erschüttert von dem Gedanken, daß unter diesen grauen Steinen die Römer und die Schaaren der Völkerwanderung eiuhergezogeu waren, die Ritter und Reisigen des Mittelalters, Geschlecht um Geschlecht, Jahrhundert um Jahrhundert; und jetzt, da er von Trier hinweggmg, galt der letzte Blick des viel mächtiger bewegten Menschen der friedlichen Villa jenseit der Mosel, den Wipfeln der lustig grünenden Bänme, unter deren Schatten ein krankes überzartes Herz keinen Frieden finden konnte.
Monate vergingen und der Frühling zog wieder in's Land, bis er aus dem Brief eines Trierer Freundes erfuhr, daß auf der Villa Bechen eifrig gebaut werde an der jonischen Halle.
So war doch noch Hoffnung vorhanden, daß die Vereinsamte, dem Leben sich wiedergebend, genese. Aber sein Vertrauen aus die Heilkraft vom Tempel, Mosaikboden und Mosaitliteratur, ja des ganzen classischeu Altcr- thums war bedeutend gesunken, seit er jene letzte Beichte der wundersamen Freundin in der Abschiedsstunde vernommen hatte.
VI.
Bei der Mittagstafel im „Weidenhos" zu Elberfeld saßen zwei Herren, als die jüngst angekommenen, am untersten Ende, die sich gegenseitig beobachteten. Es ist das so ein harmloses Rcisevergnügen, völlig Fremden ganz unvermerkt an der Nase abzusehen, woher sie sind, weß Alters und weß Standes.
Der Eine, ein stattlicher, breit gebauter Manu, mochte vierzig Jahre alt sein; der Andere, von kleinerer, schlanker Gestalt im Anfänge der Dreißig stehen. So schätzten sie sich ganz richtig während der Suppe.
Schwieriger war die Heimat nach der Mundart zu bestimmen; denn Beide sprachen ein sehr gebildetes Hochdeutsch, der Aeltere mit etwas mehr nordischem, der Jüngere niit kaum merkbar südlichem Accent. Genaueres konnten sie selbst bis zum Dessert nicht Herauskriegen.
Dagegen war Jeder schon beim Fisch zu der Gewißheit gelangt, daß er in seinem Nachbar keinen Geschäftsreisenden, wohl aber einen reisenden Geschäftsmann vor sich habe.
Beide rühmten das Gasthaus. „Nur ist es häufig überfüllt," bemerkte der Jüngere, „und das feinste Hotel hört auf fein zu sein, wenn alle Zimmer besetzt sind."
„Ganz im Gegentheil!" fiel der Altere ein. „Ich liebe das Gewimmel auf allen Treppen, frühmorgens Stiefel vor jeder Zimmerthüre, und die ganze Hausflur voller Koffer. Berge von Musterkoffern — das ist ein lustiger Anblick!"
Der Jüngere fand dieses Gebirg entsetzlich. „Vermuthlich noch nicht ganz aus der Höhe des Geschäfts," denkt der Eine; „er fürchtet die Concurrenz;" —