Das verlorene Paradies.
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ist ein Bildungsdrang in unsere gewerbende Welt gefahren, der uns über den Materialismus der Zeit tröstet, und wir Gelehrte müssen alle Kraft aufbieten, daß wir uns und unsere eigenen Jünger oben halten."
Graf Bleydenperg war ganz entzückt von diesen Worten. „Ich habe in diesen Fabrikstädten werthe Freunde gefunden, die ich als ebenbürtig anerkennen muß, obgleich oder vielmehr weil sie Männer ihrer eigenen That sind. Familie und ererbter Besitz verleiht wohl aristokratisches Wesen, aber auch die große Arbeit führt in die große Welt, macht den Geist frei und das Herz weit, und so müssen auch wir Aristokraten der Geburt alle Kraft aufbieten, daß uns die neue Aristokratie der Arbeit nicht über den Kops wächst."
Zuerst hatte der Graf den Professor und der Professor den Grafen für einen Fabrikanten gehalten, und nun dachte der Eine, der Professor spreche wie ein Gras und der Andere, der Graf spreche wie ein Professor, — aber wie ganz ungewöhnliche Grafen und Professoren.
Uebrigens schienen da drunten auf der Wupperinsel noch einige neue Orchester zu den früheren gekommen zu sein, und man verstand im Zimmer auch bei geschlossenen Fenstern kaum mehr sein eigen Wort.
Der Graf schlug einen Spaziergang vor.
„Kennen Sie die Hardt?" fragte der Professor. Der Graf verneinte es. „So will ich Sie dorthin führen, und ich sage nichts vorher, um mich hinterdrein an Ihrer Ueberraschung zu ergötzen."
VII.
Die beiden Reisenden gingen eine kürze Strecke die Hauptstraße entlang stiegen daun links zwischen Häusern bergauf und betraten unversehens eine Parkanlage, welche sich die steile Höhe hinauzieht. Nach kurzem weiterem Steigen standen sie vor einer senkrecht abfallenden hohen Felswand. Bäume und Büsche umschlossen den engen Raum vor dem Felsen, dessen Rand von herabhängendem Gesträuch bekrönt war; —> eine romantische Wildniß inmitten der enggeschaarten, verkehrswimmelnden Straßen; tiefste Einsamkeit, keine Seele weit und breit! Denn in den Gewerbstädten geht man am Werktag nicht spazieren wie in den Beamtenstädten.
Der Gras hatte eine Ueberraschung erwartet und war dennoch überrascht. Entzückt athmete er tief auf und bekannte, eine so trauliche und zugleich großartige freie Natur hart über den Dächern einer großen Fabrikstadt noch nirgends gesehen zu haben. „Dieses Elberfeld ist überhaupt eine Stadt der Gegensätze, die sich dem flüchtigen Reisenden verbergen, den gründlichen Beobachter aber auf Schritt und Tritt fesseln." Zugleich wunderte er sich über sich selbst, daß ihm dieser einzig schöne Punkt bei seinen jüngsten wiederholten Besuchen Elberfelds entgangen sei.
Der Professor hatte ihn gleich gefunden und seitdem alljährlich wieder besucht. „Ich träume mich hier jedesmal ms ein Stündchen nach Haus, in