Heft 
(1879) 25
Seite
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Das verlorene Paradies.

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Während dieses Gesprächs waren die beiden Reisenden von der Hardt wieder in die Stadt hinabgestiegen, und im Lärm und Gedränge der engen Straßen schwieg der Professor. Auch der sonst so redesertige Graf wurde einsylbig, dann verstummte er ganz.

Man trennte sich. Ein Jeder war sür den Abend anderswohin versagst und am nächsten Morgen früh mußte Professor Walter abreiscu, vorerst nach Crefeld, um dort über denChor in der griechischen Tragödie" zu sprechen. In acht Tagen hoffte er in Trier zu sein, welches diesmal gleichfalls zu seinenVortrag-Städten" zählte.

Er fragte den Grafen, ob er nicht mit ihm in Trier zusammentreffeu wolle, um die merkwürdige Stadt und den Mosailboden mit der neuen jonischen Halle zu sehen?

Allein Graf Bleydenperg hatte kein Interesse für Alterthümer und war, wie er sagte, jetzt reisemüd. Er beabsichtigte zunächst eine mehrmonatliche Rast in Wiesbaden.

Ich liebe," so sprach er,die großen Badeorte im Spätherbst, und Wiesbaden vor allen. Die Stadt ruht dann und ist doch nicht todt, die Natur geht schlafen und ist doch noch schon. Ich kann heute still wie auf dem Lande leben und morgen alle Genüsse einer Großstadt anfsuchen; ich freue mich der reinlichen Promenaden, die vereinsamt sind, als ob sie sür mich allein gemacht wären, und bin doch auch Herr in dem immer noch überfüllten Hotel; aber die peinlichen Kranken und die leidigen Vergnügnngs- reisenden sind verschwunden, und für den Winter eingemiethete Familien bieten die beste Gesellschaft. Mehr noch zieht mich jedoch ein Kreis alter Freunde nach jener Stadt, lauter Generale außer Dienst. Ich nenne die lustigen, alten Herren meine Herbstfreunde; denn wir sehen uns dort jeden Herbst wieder. Es ruht ein eigener Zauber auf solchen Saison-Freundschaften. Sie bleiben frisch und jung, weil sie immer wieder getrennt werden; genießt man sie dann nach Jahresfrist auf's Neu, so ist's uns doch schon wieder in der ersten Stunde, als seien wir niemals getrennt gewesen. Aber auch ein leis wehmüthiger Gedanke trübt das fröhliche Wiedersehn doch nein! er verklärt es; wir erinnern uns, daß wir Alle um ein Jahr älter geworden sind."

VIIL

Professor Walter war spät Abends in Trier angekommen. Am andern Morgen eilte er schon um nenn Uhr auf die Stadtbibliothek, um sich bei dein würdigen Bibliothekar vorerst nach Frau von Bechen zu erkundigen, bis die schickliche Zeit zum Besuch aus der Villa herannahte.

Er fand de:: alten Herrn genau so wie er ihn vor vierzehn Monaten verlassen, und auch das Zimmer hatte noch seine richtigen 23 Grad Roaumur.

Der Büchermann sprach etwas kühl von Frau von Bechen.Sie hat allerdings die Menschen nicht mehr ganz gemieden und einige Besuche