Das verlorene Paradies.
53
„Dies ist der Mann," sprach er zu ihr, „der Alles zusammen weiß und überschaut, der im Vertrauen beider Parteien stand. Er wird uns noch Manches aufklären müssen, herüber und hinüber, und er und ich, wir haben uns vorhin die Hand gegeben auf festes Zusammenhalten. Ich würde Dich nicht wiedergefunden haben ohne ihn; ich suchte schon lange nach Dir, aber der falsche Name ließ mich die Spur verlieren — —"
„Und eben dieser Name und die Archäologie," unterbrach der Professor, „schlug mich mit Blindheit; denn sonst hätte ich schon vorige Woche gemerkt, daß nur Sie der ewig reisende Mann dieser stets stille sitzenden Frau sein könnten. Aber Worte und Namen, zumal wie hier aus erster Quelle, sind das Gewisseste in der Welt, und worauf soll ein Philolog noch bauen, wenn selbst die Worte wanken?"
„Und wie kamst Du zu dem Namen Bechen, den ich nie gehört?" fragte der Graf seine Gemahlin.
„Ich suchte nach einem ganz unbekannten Namen, unr mich vor aller Welt zu vergraben, und wußte nicht, daß eine Frau im modernen Cultur- staate eigentlich gar nicht so beliebige Namen führen darf, wie in den Romanen und Novellen. Unter vielen Namen, die ich ersann und wieder verwarf, blieb ich aber gerade bei diesem stehen, weil er — mit einen: B anfängt, wie Dein, wie unser gemeinsamer Name."
„Da sieht man, wie die Liebe doch niemals völlig erlosch," rief der Graf. „Sie hatte mich ganz ausgegeben, nur an meinem Anfangsbuchstaben hielt sie mich in der schlimmsten Stunde noch fest!"
„Und da sieht man, daß dennoch in Wort und Buchstaben die letzte Wahrheit liegt, wenn man jene nur richtig zu deuten vermag!" rief der Professor.
„Wir werden nun wohl noch einige Zeit hier in Trier bleiben," fuhr der Graf nach einer Pause fort. „Ich habe zwar bis jetzt von dieser berühmten Stadt nichts weiter gesehen als zwei Mosaiken, die nasse, im Keller bei Gasbeleuchtung, und die trockene hier im Park bei hellstem Sonnenschein; aber trotzdem gefällt mir dies Trier ganz außerordentlich."
„Nein! Laß uns fortziehen, wohin Du willst, aber hinweg von diesem beschämenden Orte!" rief die Gräfin, tief erregt. „Der Boden brennt mir unter den Füßen!"
„Und doch wirst Du, beruhigteren Sinnes, gern noch etwas hier verweilen. Denn siehe, ich muß vorerst noch ein kleines Stück von alle dem nachleben, was Du hier so lange und einsam durchgelebt hast, und das kann ich nur voll und ganz mit Dir allein an diesem zauberhaften Orte."
Dann wandte er sich zu dem Freunde: „Sprach ich nicht auf der
Hardt meine Sehnsucht aus nach einer glückseligen Insel? Ach es war ein schöner Gang, hinauf nach jener Idylle der Hardt aus dem fürchterlichen Getöse der unten gelagerten Stadt! Hätten wir ihn nicht gemeinsam gemach t so würde ich heute nicht hier stehen aus dieser noch viel glückseligeren Insel!
3 *