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Paul Lindau in Berlin.
Saal, dann wurde etwas gelacht. Dann wurde sehr viel gelacht. Der Wärmegrad stieg immer mehr, es kam starker Applaus, und zum Schluß erdröhnte das Haus von nicht endenwollendem Beifall. Ein Augenzeuge schreibt über dieses Debüt Augiers: „Wir haben in unserem kritischen Wirken niemals
eine angenehmere Ueberraschung erlebt. Kein Mensch hatte von dem Stücke gesprochen, kein Mensch den Namen des Verfassers se vernommen. Die Proben waren in aller Stille abgehalten worden. Wie groß war daher das Erstaunen deS Publicums, als man ihm anstatt des erwarteten Mittelguts eine ganz allerliebste Komödie vorspielte, — ein lustiges Stück, neu in seiner Art, lebhaft und bewegt, eine reizende dramatische Dichtung, wie seit langen, langen Jahren nichts geschrieben ist. Jedermann war freudig enttäuscht, sich so vortrefflich bei einem Stück zu unterhalten, dem keine Reclame vorangegangen war und das auch von keiner Clique und von keiner Claque unterstützt wurde. Von nun an hat Herr Emile Angier, der wie man sagt, ein Enkel von Pigault- Lebrun ist — und das gereicht dem letzteren zu hoher Ehre — in unserer Literatur einen sehr ehrenvollen Platz gewonnen."
„Der Schierling" ist wirklich ein überaus liebenswürdiges und ganz harmloses Stück, ein Bild des antiken Lebens, das, als es in seinen frischen Farben zum erstenmal dem Zuschauer sich darstellte, sehr begreiflicher Weise eure große Wirkung üben mußte, das aber seitdem, wie nicht verheimlicht zu werden braucht, etwas nachgedunkelt hat. Wenn die französischen Kritiker sich noch immer daraus steifen, zu behaupten, daß „Da. Ochus" Augiers bestes Strick geblieben sei, so machen sie sich einer starken Ungerechtigkeit gegen den Verfasser schuldig. „Da Ochutz" ist das glänzende Debüt eines ernsthaften und großen Talentes, nichts weiter. Die Handlung ist sehr einfach, ungesncht, recht geschickt und gefällig; die Verse sind leicht, nicht allzu peinlich gefeilt, bisweilen sogar ein bischen widerspänstig, aber voller Frische und Munterkeit, der Stil eigenartig und gesund. Die Charaktere sind gut auseinandergehalten, und das Ganze ist von gutem Humor, einer angenehmen Lebensweisheit, stellenweise von einer echten lyrischen Empfindung durchwürzt und vom vollen Sonnenscheine der Jugend übergossen. In diesem Lustspiele sind also alle Eigenschaften vereinigt, die den talentvollen Dichter schon erkennen lassen und den bedeutenden Dichter verheißen. Aber das Lustspiel ist darum selbst doch nicht zu den bedeutenden zu rechnen; dazu sind die Dimensionen gar zu bescheiden, ist der Vorwurf zu gering. In diesem ersten Stücke faßt Augier die Aufgabe des Lustspieldichters, wenn er überhaupt schon an eine „Aufgabe" dabei gedacht hat, nun von der heitersten und bequemsten Seite auf. Er will seine Zuschauer unterhalten, will ihnen einen vergnüglichen Abend bereiten. Es sollen noch einige Jahre vergehen, der Dichter soll noch an Reife gewinnen, bevor er in das Wespennest der socialen Verhältnisse der Gegenwart seine Hand steckt.
Klimas ist ein blasirter junger Athenischer. Alle Vergnügungen, welche der Reichthum gewährt: die Weiber, das Spiel, die Festgelage, hat er gründlich ausgekostet, hat den Becher der Lust bis aus die Neige geleert, um auf