Heft 
(1879) 25
Seite
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- Emile Augier. - sOs

morgen gegen die Regierung. Dieser Giboyer ist derEffronts" der Presse, wie Vernouillet derEffronts" des Geschäfts ist.

Ein dritter außerordentlich gelungener Typus ist der alte Marquis d'Auberive, der sich mit Giboyer in dein Hasse gegen die bestehende Gesellschaft vereinigt. Der Marquis ist durch und durch Legitimist, der die Berechtigung des tisrs-stut ebensowenig anerkennt wie der Socialist, und der eine Art diabolischer Freude daran hat, wie dieser Giboyer die Bourgeois auseinander­hetzt und peinigt. Der Marquis fühlt sich so erhaben und betrachtet von seinem überlegenen Standpunkt aus das ganze Gesindel mit einer so voll­kommenen gleichmäßigen Geringschätzung, daß er für seine Person zwischen Ehrlichkeit und Schurkerei der Bourgeois kaum einen Unterschied macht, und es deshalb auch nicht unter seiner Würde hält, dem Schwindler Vernouillet die Hand zu drücken und sich niit Giboyer in eine Debatte einzulasseu.

Tie Keckheit und Portraitähnlichkeit aller dieser Bilder, nach deren Originalen das Parquet nicht lange zu suchen hatte, rief in der Gesellschaft und in der Presse eine ungeheure Erregung hervor, und ehe sich diese noch gelegt hatte, gab Augier die Fortsetzung,Ts üls äs Eübo^sr", die an Wag­halsigkett dem älteren Stücke in nichts nachstand, in der gelungenen Ausführung, in dem Interesse der Handlung jenes sogar noch überbot.Ts llT äs Oibover^ ist eines der Meisterwerke Emile Augiers.

Giboyer ist gealtert, sein Sohn ist herangewachsen. Er hat diesem eine glänzende wissenschaftliche Ausbildung geben lassen und ihn in den Lehren der Sittlichkeit erzogen. Wie in Lucrezia Borgia die Mutterliebe neben den fürchterlichsten Lastern Raum findet, so hat sich inmitten der sittlichen Ver­worfenheit Giboyers die Vaterliebe frei entfalteteine Lilie aus dem Mistbeete." Giboyer versieht wiederum sein erbärmliches Geschäft als Söldling der Feder, um das Erträgniß dem Wohlergehen seines nichtsahnenden Sohnes zu opfern. Der ehrlose Zeitungsschreiber ist ein ehrenhafter Vater.

Durch den Culturkampf hat dieses Stück in neuerer Zeit für Deutsch­land erst die rechte Aetualität und eine erhöhte Bedeutung gewonnen. Das Stück, welches zunächst den TitelDie Clericalen" und dann den Titel die Heuchler" führen sollte, ist eine erbarmungslose Satire gegen die Ultramoutauen und die Legitimisten. Geistreicher und boshafter zugleich sind diese Gegner der modernen Gesellschaft von der Bühne herab Wohl niemals angegriffen worden. Der Stil ist knapp, epigrammatisch zugespitzt, die Harm­losigkeit ist völlig ausgeschlossen. Augier peitscht seine Gegner mit Ruthen, wenn er sie nicht mit Keulen schlägt.

Giboyer, der in den zwanzig Jahren, die seit dem Glanze Vernouillets verstrichen sind, alle möglichen Geschäfte betrieben, sogar an der Spitze eines Ammenvermiethungsbureaus gestanden und schließlich die doppelte Stellung eines Srdners bei Leichenbegängnissen und des Billet - Coutroleurs bei einem kleinen Theater bekleidet hat, wird nun von dem alten Marquis d'Auberive wieder au die Spitze einer Zeitung berufen. Ter hochbegabte Deodat, der