Heft 
(1879) 25
Seite
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Einfluß der Maschine auf den Gewerbebetrieb. sss

der Maschine anklebenden Ilebel ferngehalten werden sollten? Es wurde mit allen: diesem die Maschine als etwas dem Menschenthum Feindseliges, zum mindesten ihn: fremd Gegenüberstehendes bezeichnet, das durch eine unbekannte Macht wie ein Keil in unsere Verhältnisse hineingeschoben wird. Heute wissen wir alle, daß jene unbekannte Macht der Vortheil ist, den die Maschine uns bringt. Aber diese Erklärung ist nicht völlig befriedigend; der Vortheil könnte ja mit einem größeren Nachtheil erkauft fein, und wer am liberalsten der Maschine entgegenkommt, wird immer erst das ästhetische Bedenken in sich zu bekämpfen haben, welches so oft geweckt wird, wenn eine Landschaft, ein schöner Ausblick, überhaupt der Naturgenuß durch die Maschine beeinträchtigt wird. Wir verlangen noch, und müssen verlangen nach dem Nachweis der innern Berechtigung und der Widerspruchslosigkeit mit dem ganzen menschlichen Wesen, ehe wir die letzten Zweifel schwinden lassen, und deshalb müssen wir die Maschine auf ihr Innerstes, auf Herz und Nieren, zu prüfen suchen.

Verhältnißmäßig erscheint uns die Maschine und dies steht im Zu­sammenhang mit dem ebenerwähnten Rest von Fremdgefühl noch recht jung. Unsere allgemeine Anschauungen datiren sie gerne mit der Dampf­maschine zusammen; wenigstens mischt sich mit unseren normalen Vorstellungen vom Alterthum nichts, was an die Maschine erinnerte. Indessen haben wir doch an die Erfindung der Dampfmaschine nur den lebhaften Aufschwung, nicht den Anfang des Maschinengedankens zu knüpfen. Dieser Aufschwung war aber in der That ein so großartiger, wie täglich klarer wird, daß er eine Epoche anhob. Das Zeitalter der Maschine, wie man unser jetziges nennen kann, leitete er ein. Es beginnt mit dem 18 . Jahrhundert. Der Funke, mit welchem der Zeitgeist die neue Flamme zu entzünden gedachte, sprang im benachbarten Hessenlande, in Marburg.

Es würde übrigens dennoch ein großer Jrrthum sein, wollte man die vorangegangene Entwicklung gering anschlagen. Sie stand nur in einem anderen Verhältniß zu der: normalen Lebensformen, sie schien beschränkt auf ein enges Gebiet und nicht dazu angethan, jemals eine gewaltige Rolle zu spielen. Spinnrad, Haspel und Webstuhl hatten, sie selbst Maschinen, vor langer Zeit zum Fabrikbetrieb Veranlassung gegeben, bei welchen zu mancherlei Zwecken auch Wasserräder zu Hülse genommen wurden, so in Florenz und London, wo Arno und Themse an ihren Brücken die Wasser­kraft hergaben. Das Berg- und Hüttenwesen bediente sich im Mittelalter eines recht ausgedehnten Maschinenbetriebes, welcher, da ecdes Wassers und des Feuers Macht" auffuchen mußte, in die Thäler und Wälder fern von der großen Heerstraße gefesselt war. Die Mühlen waren schon im elastischen Alterthume zu vollständigen Maschinen entwickelt. Ihr Aufsteigen von einer niederen zu einer höheren machinalen Stufe ist uns historisch bekannt. Homer erwähnt nur Handmühlen, deren mühsamer Betrieb Sclavenarbeit war, vorwiegend den Mägden oblag. Auch unsere germanischen Vorväter

Nord und Süd. IX, 25. 8