Heft 
(1879) 25
Seite
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ein starres, sich um eine Achse drehendes Rad, der Fischschwanz aber ein biegsames Gebilde voll Muskelspiel ist, welches nicht gedreht, sondern, hin und her geschwungen wird. Noch könnte versucht werden, anzuführen, daß in der Natur Maschinen Vorkommen, wie manche Springquellen, wie die zur Blut­bewegung dienenden Einrichtungen im Säugethierkörper, die alle Theile einer Pumpe besitzeu, u. s. w., und diese hätten den Menschen als Vorbilder, wenn auch nur dunkel, vorgeschwebt. Hierbei ist nun weggelassen, daß erst aus Kenntniß der von Menschenhand gefertigten Pumpe (welche, nebenbei bemerkt, eine recht lange Ersindungsgeschichte hat) das Verständniß sür die im Organismus wirkende erlangt worden ist. Kurz, diese Naturnachahmungstheorie versagt bei dein leisesten Versuch einer ernsthaften Anwendung sofort den Dienst.

Eine zweite Form der Erklärung ist, daß von Zeit zu Zeit Erfinder ausgetreten seien, hochbegabte hervorragende Naturen, welche große Fortschritte gemacht, Neues eingeführt, das Bestehende umgestaltet hätten. Auch dies wiederum ist wahr und wieder nicht wahr. Erfindungen wurden gemacht und leiteten Fortschritte ein, aber sie giengen nicht von Einzelnen aus, weil das Suchen nach Lösungen von Problemen erst auf höherer Culturstufe, bei befreiterem Geiste beginnen kann. Die Menschen, nicht einzelne Menschen, machten Erfindungen, wennschon uns mythische Erzählungen das Gegentheil von Göttern und deren Schützlingen berichten. Diese Mythen aber sind, abgesehen von dem feinen Regulus von Wahrheit, den sie bergen, keine Berichte, sondern nur Aeußerungcn der Bewunderung, welche Spätere, Reflektirende, den angeblichen Erfindungen zollten. So wie die Gottheiten des indogermanischen Völkerkreises sich in Naturgewalten auflvsen, so die Namen mythischer Erfinder fast immer in Begriffe. Dädalos ist der Kunstfertige, sein Schüler Talos, der Erfinder der Säge, der Wagende, Ausharrendez selbst der Titan Prometheus ist schwerlich poetisch griechisch der Vorbedenkcnde, sondern wahrscheinlich sanskrit Pramantha, Drehstift im Holzfeuerzeug, wenn nicht Pramutha, gleich Raub*). Indem aber so bei näherer Untersuchung jeder Anhalt, der uns auf einzelne Persönlichkeiten verweist, entschwindet, fällt auch die ganze Anschauung dahin.

Zu der Antwort auf die große Frage, wie der Maschinengedanke in die Welt gekommen, gibt uns den Schlüssel die Erklärung der Maschinenzusammen­setzung, wonach der Bewegungszwang durch aufeinander einwirkende Körper erzielt wird. Schon im tiefsten Entwickelungsstande ist aber die Bewaffnung der Menschenhand mit fremden Körpern, als Steinen, Stöcken und dergl., zweifellos vorgekommen, da selbst die höheren Affenarten gelegent­lich sich zur Verteidigung derselben bedienen. Daß in den Urzuständen Steine zu in Oeffnen von Früchten, bald auch zum Zerreiben von Körnern gedient haben, ist als sicher anzunehmen. Ueber die Länge der Zeitläufte, innerhalb deren sich die Verständigungsinittel bis zur Entstehung der Sprache ausgebildet

*) A. Kuhn, Herablnnft des Feuers.