Heft 
(1879) 25
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F. Reuleaur in Berlin.

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mußte sie erfinden; sie waren etwas, was in ihm vorbereitet lag und langsam reifen konnte, während die fremde Kraftquelle und deren Benutzbar­keit außer ihm stand. Deshalb sehen wir denn die Entwicklung der Maschine, sowohl in der Urzeit, als in der geschichtlichen Periode, ans zwei gesonderten Wegen einhergehen, die bald dicht nebeneinander, bald fern von einander laufen, der Weg der Entdeckung in Bezug aus die Kraftquelle und der der Erfindung in Bezug auf die Beweguugssorm. Die Einführung des Feuers in den menschlichen Haushalt mußten wir eine Erfindung neunen. Entdeckt brauchte das Feuer nicht zu werden, es war zweifellos bekannt, aus Blitzschlägen, aus Vuleanen, aus Erdölslammen; allein seine Benutzung und die Weise seiner Erzeugung war das Resultat innerer Vorgänge. Daß dagegen die Luft ein wägbarer Körper sei, das; die über uns stehende Luftsäule ein meßbares und zwar sehr großes Gewicht habe, war eine Entdeckung, die große Entdeckung Toricelli's, welche zur Erfindung der Dampfmaschine auregte. Diese Erfindung, an welcher seiner Zeit viele thätige Köpfe arbeiteten, gelang dem Professor auf der Universität Marburg, dem Hugenotten Dionysius Papiu.

Die Dampfmaschine ist also eine Professorenidce, die Frucht tiefer mühsamer Verstandesarbeit, gezeitigt an einer deutschen Universität. Diese Thatsache verdient, glaube ich, mehr Beachtung, als ihr bisher bei uns zu Theil geworden. Nicht eine Tafel, nicht ein Stein sagt dem Besucher Mar­burgs, welche die Welt umgestaltende Idee dort ans Licht getreten: Ja, ich

kann aus Erfahrung mittheileu, daß es selbst nicht ohne lästige Formalitäteil abgeht, wenn ein Fremder das in der Universitütsauln befindliche Bildnis; Papins sehen will. Daß an. unseren Universitäten die Dampfmaschine und die ganze Maschinenlehre überhaupt kaum mehr als eine vorübergehende Auf­merksamkeit erfährt, ist wohl nur daraus erklärlich, daß die Polytechnischen Hochschulen diese Stoffe mit voller Ausführlichkeit behandeln, ihr Studium also gesichert ist. Nach dem oben Hervorgehobenen würde indessen, da wir die Maschine als ein so hervorragendes Erzeugnis; menschlicher Geistesthätig- keit erkennen müssen, die allgemeine logisch-philosophische Behandlung derselbe!: in den Vorlesungskatalogen deutscher Universitäten wohl einen Platz verdienen.

Höchst bemcrkenswerth und auch würdig ausgestellt im Hofe des Museums in Kassel ist ein großer gußeiserner Dampfcylinder, bestimmt gewesen für eine Dampfmaschine Papins; der erste und älteste gußeiserne Dampfcylinder, der überhaupt hergestellt worden. In der praktischen Verwendung seiner Maschine hatte Papin wenig Glück. Sein Dampfschiff wurde in Hannöverisch-Mündeu von aufgebrachten Matrosen zertrümmert. Die neue Idee der Dampfmaschine aber kam in England in praktische Hände, die von Newcomen und Cawley; sie erhielt indessen erst ihren rechten Aufschwung durch James Watt, dreivicrtel Jahrhunderte nach Papin. Dürfte ich hier die einzelnen Entwicklungsstufen, welche die Dampfmaschine von Papin an allmählich erstieg, vorführen, so würde sich eine erstaunliche Aehnlichkeit ergeben mit den in den ältesten Zeiten geschehenden Jdeeneutwicklungen, so langsam für unsere heutigen Begriffe, in so dünnen Nieder-