Heft 
(1879) 25
Seite
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Larl Vogt in Genf.

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Schmeichelhaftes über die Aussicht zu sagen!" Eine grüne Bettlade, von Wiesen und Haferfeldern, in welcher braune, viereckige Flecke die einzelnen Torf­stiche verrathen, darüber die dunklen Tannenwälder, hie und da eine Meierei, einstöckig, breit, mit riesigem Schindeldache, bestimmt den Regen in die Cisterne zu leiten, denn anderes Trinkwafser hat man in der quellenlofen Gegend nicht; in einiger Entfernung an dem Gehänge, welches dem Süden zugewendet ist, das gewerbreiche Städtchen les Ponts, das mit seinen grell gelb oder röthlich gemalten, geschmacklosen Häusern aussieht, als hätte man eine Schachtel mit Nürnberger Spielwaareu ausgeleert; weiterhin an demselben Abhange, das in der specielten Neuenburger Geschichte berühmte la Sagne, Loyalitäts-Centrum und Abdera der Berge zugleich. Kein Haus, das nicht einen Kammerdiener oder eine Kammerfrau für die königliche Familie geliefert hätte; keine Geschichte aus Schildburg oder Schöppenstädt, die nicht mit den gehörigen localen Veränderungen, von la Sagne erzählt würde. Eine erschien mir neu - sie ist der Erzählung Werth.

Eines Tages es ist schon lange her kommt ein Reiter vor dem Wirthshause augeritten. Das Dorf läuft zusammen.Kann ich hier Nacht­lager finden?" sagte der Reiter.Nein", antwortete der Wirth,unmöglich!" Der Reiter, auf seinem Pferde sitzend, fragt dringender; der Wirth und die ganze Umgebung bestehen auf der Weigerung.So könnt Ihr mir doch etwas zu essen und zu trinken geben?"Vielleicht," antwortet der Wirth kopfschüttelnd.Gut!" sagt der Reiter und schwingt sich vom Pferde.Ah!" ruft der Wirth händeklatschend,das Ding schraubt sich auseinander! Ja, Herr, weun's so ist, können Sie ein Bette für sich und einen Platz im Stalle für Ihr Thier haben aber für das Ding im Ganzen hätten wir keinen Raum auftreiben können."

Die zerstreuten Meiereien haben alle ihre Geschichte. Unmittelbar an Combe-Varin grenzt die Combe-Hory, einst dem Kanzler Hory gehörig, der wie sein Nachfolger Montmollin, eine bedeutende Stelle in der Geschichte des Fürstenthums gespielt hat. Die endlichen Schicksale Beider waren freilich verschieden: Montmollin starb mit Ehren und Würden überhäuft; Hory/

zum Tode verurtheilt, ward zur Verbannung auf sein Landgut begnadigt und spukt noch jetzt in der Gegend als Gespenst herum. Ueber Ponts auf dem bewaldeten Rücken des Bergkammes, liegt die große Ferme de la Joux de Plane, niit weiten Wiesengründen und herrlichem, parkartigem Tannenwalde. Fensterläden und Thüren sind roth und grün angestrichen das werthvolle Gut gehört der Bourgeoisie von Neuchatel und zeigt deren Farben. Eine mächtige Corporation in der guten, alten Zeit und die etwas auf sich hielt! Ich erinnere mich noch, daß Agassiz, der berühmte Naturforscher, zur Zeit meines Aufenthaltes bei ihm in das Bürgerrecht ausgenommen wurde. Einige Monate vorher war Agassiz zum Mitgliede der Akademie der Wissenschaften in Paris ernannt worden. Man discutirte eifrig in allen Cirkeln, wer ihm die größere Ehre erwiesen habe, die Akademie oder die Stadt Neuchatel!