Line Naturforscher-Allee im Hoch-Jura. s39
vortrefflich zwei verschiedene Seiten der Nation, welcher sie angehören. Der Abbo ist kein Darwinist — vor solcher Sünde schützt ihn die vor Jahren erhaltene Weihe, aber er klagt mit komischer Ironie, daß sein gelehrter College ihn stets schon durch seinen Anblick in die Gefahr bringe, den Weg des Heils zu verlassen und der Schaar der Transformisten sich anzureihen. Fr. Roemer, der von seinem Standorte Breslau aus die Provinz Schlesien so gründlichen Untersuchungen unterworfen hat, Zittel, der Münchener Paläontologe, dessen großes Werk leider nun schon seit mehreren Jahren stockt, der einbildungsreiche Schwabe Fraas, der den Libanon mit demselben Eifer ausgebentet hat, wie sein heimisches Stammland, vertreten die deutsche Geologie, während der Franzose G. de Mortillet mit Fraas und Zittel zu den Urgeschichtlern hinüber leitet. Aber wer hätte sich nicht mit Höhlen, Pfahlbauten, Stein-Bronze und Eisenzeit beschäftigt? Wenn ich Le Hon, den belgischen Schriftsteller, dem es aber mehr um Popularisirnng der Wissenschaft als um eigene Forschungen zu thun war, und den Grasen Gozzadini hier als speeielle Vertreter der prähistorischen Forschung nenne, so geschieht es, weil sie die Einzigen sind, die unter den zahlreichen Besuchern Combe-Varin's sich nur mit dieser Wissenschaft und keiner andern beschäftigten. Ah! Welclst gute Stunden haben wir in dem alten Palazzo der Gozzadini in der Strada San Stefano von Bologna zugebracht! Desor, mir und meinen beiden Söhnen war das Erdgeschoß zur Verfügung gestellt; und während meine Jungen sich in dem Garten und dem Festsaale tummelten, erzählte uns die geistreiche Gräfin von ihren Reisen in der Schweiz. Ihre Bedienten hielten alle Misse für den Reno, der bei Bologna vorbeifließt, und wenn die Reise stromabwärts ging, so freuten sie sich, weil sie von Bologna aus stromaufwärts gereist waren. Als sie aber gar nach dem Nebergange des Splügenpasses an den wirklichen Rhein kamen, den alle Welt Reno nannte, waren sie außer sich vor Entzücken und folgten dem Strome mit Begeisterung bis nach Holland, immer überzeugt, nach der nächsten Station müßten die hundert schiefen Thürme der geliebten Vaterstadt am Horizont austauchen!
Sollten nur der Botaniker vergessen? Des frommen Godet aus Nenchatel, der 50 Jahre seines langen Lebens der Flora des Jura gewidmet hat; des emsigen Laon Lesquerenx, der ursprünglich ein einfacher Handarbeiter im Val de Travers war, den aber die Liebe zur Wissenschaft nicht ruhen ließ und der jetzt in den Vereinigten Staaten Nordamerikas die fossile Flora der Kreide- und Tertiärgebilde mit so staunenswertstem Erfolge bearbeitet? Dort kraucht etwas im Busche herum — es ist Planchen von Montpellier, der Entdecker der Reblaus, der zerstörenden Phylloxera — hier stelzt ein langbeiniges Wesen mit gebücktem Haupte über Moore und Torfgräben — es ist W. Schimper von Straßbnrg, der Moosvater, einer der liebenswürdigsten und zugleich kenntnißreichsten Menschen, welche die Erde trägt, dessen Reisen ihn fast ebenso weit geführt haben, als unseren kleinen Freund Charles Martins, den Direetor des botanischen Gartens von Montpellier. Kaum mag