Heft 
(1986) 41
Seite
300
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abend vor, als der blutjunge, viel bewunderte Paul Heyse, mit dem er sich damals befreundete, Kuglers schöne Tochter heiratete, und schloß mit Theodor Storm nahe Bekanntschaft, der ebenfalls in diesem Kreis Aufnahme fand.

Von hier kamen auch die meisten Teilnehmer am sogenanntenRütli, einem Seitenzweig desTunnels, den Friedrich Eggers 1852 ins Leben gerufen hatte. Es waren die produktivsten Kräfte, die in der Neugründung, die mehr einer Freundesrunde glich als einem regelrediten Verein, unter sich sein wollten. Auch Adolph Menzel gehörte zu ihnen. Daß man im Gegensatz zur Publizitätsscheu desTunnels mit einem Jahrbuch an die Öffentlichkeit trat, kann als Signal der Umorientierung verstanden werden.

Für Fontane, der sich imRütli noch jahrzehntelang zu Hause fühlte, hatte damit die allmähliche Ausgliederung aus dem Sonntagsverein begonnen. Die Praxis geselliger Hervorbringung, auf deren Vorzüge Fon­tane sehr ungern verzichtete, blieb imRütli zunächst erhalten und wurde in höherem Maße produktionsdienlich gemacht. In seiner Londoner Isolierung erinnerte er sich wehmütig daran:Von dem Einfluß, den es hat, wenn man an einem Stiftungsfeste vor 120 Menschen ein Gedicht vorliest, das einschlägt, von diesem und ähnlichen Einflüssen, die gewiß ebenso wohltätig wie unbestreitbar sind, will ich nicht sprechen; ich will eine Prosaarbeit herausgreifen und daran meine Bemerkungen knüpfen. Vor ohngefähr vier Jahren schrieb ich eine Kritik über Scheren­berg. Vorverhandlungen im Rütli. Vorlesung der Kritik; Kritik über die Kritik. Änderungen. Vorlesung der veränderten Arbeit in einer Ellora- Sitzung. Nochmals Rütli-Debatte. Druck. Briefliche (für den Druck bestimmte) Erwiderung Paul Heyses auf einzelne Sätze meiner Kritik etc. Diese Wichtigkeit, mit der die ganze Angelegenheit behandelt wurde, mochte, namentlich in Erwägung der 300 Abonnenten, etwas Lächerliches haben, aber gleichviel, ob lächerlich, ob nicht, der Reiz alles Schreibens liegt nun mal darin, daß sich der Schreiber an bestimmte Per­sönlichkeiten wendet, d. h. an Eggers oder Merckel oder Lübke denkt, und nicht das gestaltlose Publikum, das nicht lacht, nicht weint, nicht lobt, nicht tadelt, wie eine dicke Wolke vor Augen hat. 38 Das eigentümliche, doch von Fall zu Fall differenzierende Spannungs­verhältnis zum literarischen Markt und seiner anonymen Öffentlichkeit, das für die jeweilige literarische Vereinigung kennzeichnend war, kam hier noch einmal klar zum Ausdruck. Jedoch verhehlte sich Fontane nicht lange, daß dasRütli gerade im entscheidenden Punkt hinter den wach­senden Ansprüchen zurückblieb, die er an diese Gruppe stellte, welche eine Gesellschaft von Männern und nicht eine literarische Studenten­verbindung 39 sein wollte. Das Labile und Anachronistische daran blieb ihm nicht verborgen, so daß er Merckel erklären konnte:Sie sagen mit Recht, dem gegenwärtigen Rütli fehlt ein Mittelpunkt, man kocht, man trinkt, man spricht, man unterhält sich, aber die Sache hat keinen rechten Zweck. Sie fragen weiter: wie ist dem abzuhelfen? Meine Antwort ist trostlos genug; sie lautet: ich sehe keine Hülfe, wenn Gott nicht vorhat (was ich bezweifle), innerhalb unsres Kreises Wunder zu tun. Den üblichen