Heft 
(1986) 41
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und Fern für ihr Verständnis, wenn sie Gleiches tun, um der Gesamtheit zu dienen. Und wir verweisen auf die Schrittmacher in diesem Prozeß, die nachfolgend genannt werden. Bereits 1902, vor mehr als 80 Jahren, waren sich führende Köpfe darin einig, daß ein Erbe wie das vom Range Theodor Fontanes nicht wenigen gehören darf.

Nachlaß und Archivgründung

Der bekannte Berliner Theaterkritiker, Nachfolger Theodor Fontanes bei der Vossischen Zeitung und spätere Burgtheaterdirektor in Wien, Paul Schlenther, schrieb in einem Brief an Martha Fritsch (geb. Fontane, einzige Tochter des Dichters) am 4. 3. 1902 zur Hinterlassenschaft Theodor Fontanes und zur Aufgabe der Nachlaßkommission:

Soweit dieser Nachlaß Eigenthum ist, gehört er den Erben, soweit er ein öffentliches Interesse hat, unterliegt er den Bestimmungen der Commission. [...] So liegen nach meiner Ansicht die Kompeten­zen. Keineswegs aber ist der literarische Nachlaß eines Dichters vom Range Th. Fs ausschließlich Familienpapier, sondern er ge­hört auch zur Geschichte der Cultur seiner Zeit und seines Volkes. In diesem Sinne hat die Commission zu walten. 2

Hinter diesen Zeilen verbergen sich divergierende Interesse der Erben; Spannungen, die Fontane insofern mit hervorgerufen hat, als er seine Söhne Theodor und Friedrich, letzterer verlegte als Verlagsbuchhändler die Werke des Vaters, nicht für die Arbeit in der Nachlaßkommission vor­gesehen hatte. Darüber berichtet ein interessanter Privatdruck eines anderen Kommissionsmitgliedes:

Es sei hier gleich angefügt, daß er (Theodor Fontane) bei Be­sprechung des Testaments angeordnet hatte, daß alle ungedruckten Schriftstücke, die in seinem Nachlaß vorgefunden würden, verbrannt werden sollten. Ich wußte nun, daß er öfter über ein gerade aktuelles seine Gedanken niedergeschrieben hatte. Und so hofften wir im Freundeskreis, daß sich noch eine erhebliche Anzahl solcher wert­voller Äußerungen vorfinden würde.

Seine Verfügung schreckte mich also, und ich sah mich nach einem Ausweg um. Denn hätte ich ihm etwa mit jener Begründung wider­sprochen, so wäre eine Änderung ausgeschlossen gewesen.

Ich legte ihm also den Entwurf nach seinem Wunsche vor, und zwar erst nach einigen Tagen, und machte hierbei meine Bedenken gel­tend. Ich wies darauf hin, daß Effi Briest gerade fertig sei und noch einer letzten Überarbeitung unterworfen werden sollte, die im Notfall seine Tochter erledigen könnte. Wenn ihm nun vor der Drucklegung plötzlich ein Unglück zustieße, müßte das Manuskript vernichtet werden, und seiner Frau und Tochter ginge eine sehr erhebliche Einnahme verloren.

Das machte ihn stutzig. Und als er nach einem Ausweg fragte, schlug ich ihm vor, eine Kommission aus zwei Mitgliedern seiner

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