und über das, was heute ist, hin zu möglichen neuen Erfahrungen und Einsichten. So werden ,alte‘ Kinderbücher für den, der mit ihnen Umgang hat, ,neue‘ Kinderbücher“. Und gerade diese optimistische Aussage sollte sich — für mich völlig überraschend — an einer mir aus Schülerjahren bekannten Ballade bestätigen.
Seit etwa einem Jahr arbeitete ich an einer neuen Buchausgabe mit dem Arbeitstitel „Zeitschriften für die deutsche Jugend. Eine Chronographie 1772—1960“. Darin wollte ich etwa 50 repräsentative Wochenblätter, Monatszeitschriften u. ä. periodisch erschienene Publikationen für junge Leser vorstellen. Ein nicht leichtes Unterfangen, dessen Schwierigkeit bereits in der Beschaffung des Materials beginnt. Da ich davon jedoch die wichtigsten Sammelstücke seit 1950 Zusammentragen konnte, gab ich mich eines Tages daran, einen Titel-Plan zu erstellen. Das war zunächst ein bunter Durcheinander. Danach kam Ordnung in die Sache: „Leipziger Wochenblatt für Kinder“ — „Der Kinderfreund“ — „Für deutsche Mädchen“ — „Kinderakademie“ — „Vergnügen und Unterricht“ — „Feierstunden“ — „Neue Bildergallerie“ — „Neue Jugend-Zeitung“ — „Iduna“ — „Das Pfennig-Magazin für Kinder“ — „Erntefeld“ — „Jugend-Blätter“ — „Der neue Deutsche Jugendfreund“ — „Kinder-Bote“ — „Deutsche Jugend- Zeitung“ usw. usw. (Mit dem letztgenannten Titel erreicht die geplante Chronographie die Mitte des vorigen Jahrhunderts.) Doch die Arbeit an der Sache verlief keineswegs im Sinne ihrer chronologischen Abfolge. Ich nahm vielmehr nach Neigung oder Neugier, mit Berücksichtigung auch der Verfügbarkeit des entweder leicht zugänglichen oder sehr spröden Materials, mal diese Zeitschrift, dann jene vor, verfuhr also in Bezug auf den Bauplan und die endgültige Buchgestalt geradezu unsystematisch. So begann ich also in den meisten Fällen — wie ich oft scherzend sagte — jedesmal „auf der grünen Wiese“, mit Ausschachten, Einrüsten, Stein zu Stein setzen. So kennt man es ja von der „Arbeit am Bau“. Und mit diesem — dem Leser gewiß ungeordnet erscheinenden — Vorgehen bekam die Chronographie trotzdem von Woche zu Woche, von Monat zu Monat Struktur.
Eines Tages aber mischte sich in das Tun Überraschung, die sich zur Erregung steigerte und zu einem Brief (ein Telefonat folgte) an das Theodor-Fontane-Archiv in Potsdam führte. Folgendes war der Anlaß: Ich hatte die nach 1850 in Hamburg erscheinende „Deutsche Jugendzeitung“ vorgenommen, eine „Wochenschrift zur Bildung des Herzens und des Geistes“. Unter Verwendung der ersten Recherchen konnte ich notieren: „In seinen Anfangsjahren trug das Hamburger Wochenblatt den Titel .Norddeutsche Jugendzeitung*, nach einem zeitgenössischen Urteil war sie eine .gute Zeitschrift für Kinder, die viel Bildendes enthält*. Restbestände der Jahrgänge 1853 und 1854 wurden zu 1 Thlr. 18 Sgr. bzw. zu 2 Thlr. 12 Sgr. angeboten“. — Redakteur, Verleger und Herausgeber war seit 1853 Dr. Julin-Fabricius. Nach Merget erschien das Blatt als „Deutsche Jugendzeitung“ bis 1865. Bei M. fanden sidh auch nähere Angaben über Julin-Fabricius: „Der Herausgeber war ein aus Schleswig vertriebener Beamter, der um seiner Anhänglichkeit willen an die deutsche Abstammung seine Stellung verloren hatte. Man nahm sich aus