Heft 
(1990) 49
Seite
371
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8 .

Berlin, 17. Novb. 79 Potsd. Str. 134c

Teuerster Leibnitz.

Bald nach Eingang dieser Zeilen bei Ihnen wird sich Ihnen ein junger Physio- log, aus dessen Zugehörigkeit zur Münchner Crocodilia ich schließe, daß er auch in aestheticis kleine oder große Verbrechen verübt, vorzustellen suchen. Paßt er Ihnen nicht in der Zeit, worauf ich ihn vorbereitet, so bestimmen Sie ihm vielleicht Tag und Stunde, wo er sich Ihnen präsentieren und über München und Berlin eine Viertelstunde mit Ihnen plaudern darf. Paul hat ihn in warmen Worten an mich empfohlen, und aus dieser Empfehlung schöpfe ich den Mut zu der meinigen an Sie. Der junge Herr, von feinen und gefälligen Manieren, heißt Dr. Oswald Schmidt, ist aus Königsberg und lebt seit einigen Jahren in München. Aus allem Möglichen darf ich schließen, daß er in Pauls Familie gern gesehen ist. Wenn es sich Ihnen ermöglichen sollte ich selbst muß leider ins Theater: ein neues Stück, Dr. O. Schmidt nächsten Sonnabend als Gast in den Rütli einzuführen, was ja, glaub ich, statthaft ist, so würden Dr. S. und ich Ihnen gleichmäßig dankbar sein.

Unter ergebensten Empfehlungen an Frau Gemahlin, herzlichst Ihr

Th. Fontane

9.

Berlin, 29. Novb. 79 Sonnabend Abend

Teuerster Leibnitz.

Schon wieder. Aber diesmal nichts Schlimmes .. .

Ich entsann mich heute der Sommersitzung, wo Julius Wolff Ihrerseits als Rütli-Mitglied in Vorschlag gebracht wurde Meine bei der Gelegenheit geäußerten Bedenken zieh ich heute gern zurück. Ich konnte damals nicht anders sprechen, weil ich von W., bei gelegentlichen Begegnungen mit ihm, immer nur den Eindruck eines Pappstoffels gehabt hatte. Aber heute davon keine Spur. Ich fand ihn gehalten und frei zugleich: ein großes Lob, fast ein Idealzustand. Da Heyden, wohl auch andre noch, W.s Aufnahme sehr gern sehen würden, so stell ich ganz ergebenst anheim, ob es sich nicht empföhle Barkhusen ist zwar wieder da, dafür aber Lepel fort, auf Ihren Sommervor­schlag zurückzukommen. Vielleicht im nächsten Rütli schon, dem ich leider (Frau Niemann-Seebachs Gastspiel) wieder nicht beiwohnen kann.

Unter ergebensten Empfehlungen an Frau Gemahlin, in herzlicher Ergebenheit

Th. Fontane

10 .

Berlin, 20. Novb. 80 Potsd. Str. 134 c

Teuerster Leibnitz.

Bitte mein Ausbleiben heute Nachmittag bei sich und dem hohen Rütli ent­schuldigen zu wollen. Ich muß auf den Bahnhof, um den Ritter einer alten Dame zu machen. In herzlicher Ergebenheit Ihr

Th. Fontane

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