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Wege, hatten alle Kaffern in derselben Richtung hingewiesen und behauptet, es gäbe nur einen Weg, den ich nicht verfehlen könne. Zum Ueberfluß war auch noch der Berg von Mala- kong, wenn auch nur in weiter Ferne sichtbar. So ritt ich denn frisch darauf los durch die abgeernteten Kafferngärten und hoffte bald auf den Wagenweg zu stoßen, eine Hoffnung, die sich indessen als trügerisch erwies. Ich war bereits mehrere Stunden unterwegs, als ich auf einen schwarzen Viehhütcr stieß, der mir auch seinerseits versicherte, daß der Weg nahe sei und ich ihn nicht verfehlen könne, denn es gäbe nur einen Weg. So ritt ich denn in der eingeschlagenen Richtung weiter und kam endlich, wenn auch nicht auf einen Wagen-, so doch auf einen Viehweg, den ich anfangs für den gesuchten hielt. Ich mußte mich nun zwar bald davon überzeugen, daß ich darin irrte, allein ich glaubte, daß die Spuren des Viehs in jedem Augenblicke in den gesuchten Weg einlaufen, oder doch wenigstens zu der Quelle führen mußten, die sich hier in der Nähe befinden sollte. Allein die Spuren wurden immer spärlicher und führten endlich in ein undurchdringliches Dickicht.
Da indessen mein Pferd bereits Hunger zeigte und schönere Weide gewiß nirgends zu finden war, hielt ich es für gerathen, auf ein halbes Stündchen abzusatteln, während welcher Zeit ich einen Felsen in der Nähe erklomm, um die Richtung nach Malakong hin zu erspähen. Und richtig, da lag der lange graue Berg, an dessen Fuße im Thale, etwa Q bis 1 Stunde davon entfernt, die Station liegen mußte. Ich behielt also die Richtung im Auge und ritt, nachdem ich wieder gesattelt, derselben zu. Es währte auch höchstens eine halbe Stunde, so befand ich mich auf einem sehr schön ausgefahrenen Wagen- Wege, den ich um so mehr für den rechten halten mußte, als ich auf den tief ausgelaufenen Fußweg der Kasfern stieß, welcher gerade auf Malakong zulief, der aber jetzt', wo das Volk von Mapela mit dem von Matlale Krieg führte, durch Dornreisig unwegsam gemacht worden war.
Ich ritt also wieder frisch darauf los und wurde erst wieder stutzig, als ich bemerkte, daß die Sonne sich bereits zu neigen begann, ohne daß ich mein Ziel erreicht hätte. Zwar war ich dem langen kahlen Berge bedeutend näher gekommen, allein ich hätte das Haus längst in der Ferne liegen sehen müssen, wenn ich auf dem rechten Wege war. Als ich noch ein Stück weiter geritten war, öffnete sich das dichte Buschfeld und ich wurde zu meinem Schrecken gewahr, daß ich statt nach Westen, nach Norden gerathen war und den großen von den Jagdbauern ausgefahrenen Weg verfolgt hatte. Ich gerieth denn auch bald auf eine fast unabsehbare Fläche, auf welcher Wild von verschiedener Art und Größe weidete. Am äußersten Rande, hart am Fuße des Gebirges von Makchabeng, das ich jetzt erkannte, weideten sogar einige Strauße. Wie leid that es mir, daß ich kein Gewehr bei mir hatte! Aber ich mußte andere Dinge noch mehr vermissen: ich hatte auch keinen Proviant und — was das schlimmste war — keine Zündhölzchen mit mir, um für die Nacht ein Feuer anmachen zu können.
Am liebsten wäre ich nun gleich wieder umgekehrt und dahin galoppirt, woher ich gekommen, nämlich nach Matlale; allein das war insofern zunächst nicht möglich, als ich befürchten mußte, mein Pferd würde mir stau werden, da ich es bereits fast acht Stunden unter dem Sattel hatte. So sattelte ich denn schnell ab, ließ es bis zum Sonnenuntergang weiden und begab mich dann auf den Rückweg. Aber nach Sonnenuntergang war das Wildfeld wie umgewandelt. Hatte ich noch bis vor kurzem nur hier und da ein ruhig grasendes Stück Wild und einzelne Schakale in scheuer Entfernung über den Weg laufen sehen, so bewiesen die letzteren jetzt, daß die Nacht ihnen gehöre, kamen ungescheut bis in meine nächste Nähe und liefen, wie es mir schien, alle einer Richtung zu. Besonders waren es Schakale, die bis auf kaum einen Schritt an den Weg heran kamen und warteten bis mein Pferd vorbei war, um dann seiner Spur zu folgen. Anpfeifen, anschreien und selbst schlagen nach ihnen mit der Reitpeitsche half gar nichts und mehr als einmal that es mir leid, daß ich nicht wenigstens meinen Riffel-Snyder mitgenommen hatte. Dabei erhob sich, bald nach eingetretener Dunkelheit wie auf Kom
mando von allen Seiten her ein unaufhörliches Geheul von Schakalen nnd Hyänen, was mit der felsigen Wildniß gut harmonirte und in den entfernten Bergen sein Echo fand. Es wird unter Jägern und überhaupt in Afrika allgemein als Thatsache angenommen, daß, wo Wölfe, Hyänen und Schakale auf Raub ausgehcn, auch gefährliche Nanbthiere wie Leoparden und Löwen nicht fern find. Diese, besonders der Löwe, fressen selten ihre erlegte Beute ganz auf, lassen vielmehr fast immer einige größere oder kleinere Stücke für kleinere Raubthiere übrig, was diesen dann natürlich trefflich zu statten kommt. Daher erlauben sich diese, besonders der schlaue Fuchsschakal, sich ungescheut, schmeichelnd, tänzelnd nnd schwänzelnd bis in die nächste Nähe des Löwen zu kommen, ohne für ihr Leben fürchten zu müssen. Es lag somit die Vermnthnng nahe, daß auch hier große und gefährliche Raubthiere, die bekanntlich gern Quagga-Zebra, also Pferdefleisch fressen, vorhanden seien. Ich fürchtete indessen weniger Löwen als vielmehr Leoparden, die sich wie überhaupt in Bcrgesschluchten, besonders hier in den Gebirgen von Makchabeng aufhalten.
Wie oben erwähnt, war es mir vorgekommen, als ob fast alles Wild sich nach einer Richtung hin bewegte. Auch mein Pferd schieil gar zu gern diesen Lauf nehmen zu wollen und war kaum zu zügeln. Da es mir nun schon am Nachmittage, als ich hier vorbeiritt, ausgefallen war, daß dasselbe gern diese Richtung einschlagen wollte, so ließ ich es gewähren, da Pferde, wenn sie Wasser riechen, so zu thun Pflegen. Und wirklich, gar nicht sehr weit von: Wege ab lag im dichten Gebüsch, von Granitblöcken umgeben nnd eingefaßt, eine ziemlich große Quelle schönen Trinkwassers. Obgleich mein Hut noch neu war, sprang ich schnell vom Pferde, löschte zuerst meinen eigenen Durst und hielt dann den Hut gefüllt mehrmals meinem treuen Pferde vor. Als wir unseren Durst gestillt hatten, war es auch Zeit aufzusitzen und davon zu reiten, denn ich konnte trotz der Dunkelheit deutlich genug frische Spuren von allerlei Gethier gewahren und das Geheul der Hyänen sagte mir, daß hier der Trink-Versammlungs-, sowie auch der Beuteplatz für allerlei und vielerlei sei.
Bald nach meinem Aufbruch ging der Mond aus und bot durch seinen freundlichen Schein auf Berge, Busch, Feld nnd Weg einen prachtvollen Anblick dar. Es ist jedoch ein eigenthümliches Reiten, Fahren und überhaupt Reisen bei Mondenschein. Der Weg erscheint so schön gleich und glatt, man gewahrt Schloten, Vertiefungen, Löcher von wilden Schweinen n. dergl. gar nicht, und es hätte mir mehr als einmal passiven können, daß ich sammt dem Pferde gestürzt wäre. Trotzdem gelangte ich ohne jeden Unfall nnd ohne nähere Bekanntschaft mit den wilden Bestien, die sich rechts und links vom Wege noch eine ganze Zeit lang hören ließen, gemacht zu haben, wohlbehalten bis zu den ersten Ausläufern von Matlale, an denen ich heute gegen Mittag vorbeigeritten war.
Da es bereits nach 11 Uhr war und ich noch 2 Stunden bis zur Station zu reiten hatte, so galt es, sich nach einem Nachtlager umzusehen. Hätte ich Feuer bei mir gehabt, so wäre ich am liebsten bis zum Anbruch des Tages hier geblieben, so aber entschloß ich mich in den nächsten Kaffernkraal zu reiten, dort die Kaffern zu wecken und bei ihnen zu übernachten. Da jedoch das Volk von Matlale mit dem von Mapela, einem Nachbarhäuptling, bereits seit Jahren Krieg führte, so war es sehr schwer, hier zu dieser Zeit Eingang zu finden. Auch die am Feuer sitzenden Wachtposten waren, als sie um Mitternacht einen Reiter gewahrten, mißtrauisch, indem sie in mir einen Spion vermutheten. Allein das Mißtrauen verschwand bald, als sie in mir einen Moruti (Lehrer) erkannten, und so ließen sie mich passiren. Die Eingänge des Kafferndorfes waren mit allerhand Strauchwerk und Pfählen sehr verbaut und die Leute im tiefen Schlaf. Lautes und oftes Rufen brachte endlich einen znm Wachen. Er fuhr scheu und erschreckt in die Höhe, scheute sich auch, sogleich hervorznkommen, sondern weckte erst noch einige andere, die dann sich dem Zaune näherten, um mich zu hören. Als sie erfuhren, daß ich kein Feind, sondern der Lehrer fei, der heute früh hier vorbeigeritten und sich verirrt habe, bahnten sie mir sofort einen Weg; ich