Heft 
(1878) 05
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ritt hinein und saß bald neben ihnen und noch einigen anderen, die ans ihren Hütten herausgekrochen kamen, am Feuer. Er­zählen und Schwatzen ist das Hauptelcment der Bassntho, unsere Unterhaltung war daher auch bald im Fluß. Unterdessen trug einer ein wenig noch übriggebliebene steife Kafferpappe herbei und ein anderer brachte ein Stückchen vertrocknetes Fleisch. Ich so gut es gehen wollte und labte mich an einigen Töpfen voll frischen Wassers. Gegen zwei Uhr kroch ich mit einem Kafser in dessen Hütte, nachdem ich vorher meinem Pferde einen Korb (Sernte) voll Kafsernkorn hatte geben lassen. An Schlaf war natürlich nicht zu denken, denn es war eine sehr kalte Nacht eine eigene Decke zum Zudecken hatte ich nicht mit und das schmutzige Fell, das mir der Bassntho zum Schlafen gab, wollte ich nicht. Dennoch war ich froh, daß ich hier wenigstens den Rest der Nacht in Ruhe verträumen und ver­schlammen! konnte.

Am frühen Morgen wäre ich fast noch in einen Streit mit Kasfernweiberu gerathen, denn mein Pferd hatte, nachdem es in der Nacht sein Korn ausgefressen, auch noch die halbe Serute, worin ihm das Kafferkorn vorgesetzt war, mit aufge­knabbert. Darüber entstand ein gewaltiges Lärmen unter den wilden Weibern.Wo werden wir nun einen andern Korb herbekommen, womit werden wir nun arbeiten und tragen? Welch eine Schärfe sitzt in den Zähnen des Pferdes?" Solche und ähnliche Reden sielen rechts und links, besonders aber von der Eigeuthnmerin der Serute. Ich stellte alle zu­frieden, indem ich versprach, den ungerichteten Schaden zu be­zahlen, rief zwei Kafferjünglinge, die mir zwischen dem schönen Gebirge den nächsten Weg zur Station zeigen konnten, sattelte mein Pferd und ritt davon. Auf der Station angekommen, bezahlte ich alsbald mit Messingringen die Wegweiser, sowie Korn und Sernte und erzählte dann mit Behagen mein Abenteuer.

Am AamikienLische.

Vom Düsseldorfer Maltnstenfeste.

II.

<Zn di'a Bildern auf Seite an und 77.)

Die poetische Idee zu dem Malkastenfestspielc war von Professor Karl Hofs ansgegangen; er, der gleichgeübt mit dem Pinsel wie der Feder ist, hatte auch die schönen Verse geschrieben und die Ausführung des Festes arrangirt. Die malerische Wirkung des Ganzen, die bis ins Genaueste dnrchgeführte Ausarbeitung des Einzelnen, die Richtig­keit der Kostüme hing freilich von seinen Mitarbeitern ab, die überaus glücklich gewühlt waren und durch ihre Einordnung in das Ganze es ermöglichten, daß dem Kaiser im Festspiele ein Werk wie ans einem Gusse vorgeführt wurde.

Wir wurden zurückversetzt in die Urzeit des germanischen Volkes, wo am wüsten Seestrande ein Hünengrab emporragt, wurden erinnert an die Völkerwanderung und sahen dann, von Professor Baur kom- ponirt, die Germanen des Arminius mit ihrem Götterdienst, ihren Barden, Schwerttänzern und Ringkämpfern, um weiter, vermittelt durch die Worte der Klio, in das Mittelalter geführt zu werden, repräsentirt durch Grot-Johanns Zug reisender Kanflentc, welche Stcgreifritter überfallen. Wir sehen , wie der Kaiser Rudolf von Habsbnrg unter einer großen Eiche Gerichtstag auf dein Niederwald hält und den Räubern ihr Recht widerfährt.

Das nächste Bild, von W. Simmler, führte uns ins siebzehnte Jahrhundert. Düsseldorf war einst die Residenz der Kurfürsten von Psalz-Neubnrg, deren prachtliebcndster, Johann Wilhelm, hier am Ende des siebzehnten Jahrhunderts die ganze Wirthschaft Ludwigs Xl V ein­führte. Mag auch die Erinnerung daran ein deutsches Herz kränken, so gehörte doch das Bild in den historischen Rahmen und bot dem Künstler ein dankbares Motiv, um die ganze Pracht und den Luxus der Rococozeit zu entfalten. Im Walde ziehen Holzfäller vorüber, arme Weiber mit Reißig gefüllten Korben Wanken gebückt durch das Gebüsch. Da erschallt lustig das Jagdhorn; mit langgczvgenem Hallali reiten die Jäger heran, es folgt die gekoppelte Meute schöner Hunde. Und ihnen nach strömen die zierlichen Kavaliere in Sammetröcken, die Edelsränlein hoch zu Roß, der Page mit dem Falken auf der Faust. Der Jngdzng schwindet und die Walddekoration verschiebt sich, um dem Herrcnschlvsfe Platz zu machen, von dessen Stufen die Kurfürstin her­abschreitet, gefolgt von Hofdamen im reizenden Roeoeokostüm und einer Schar zierlicher Püppchen, Knaben und Mädchen, Watteauschen Bil­dern vergleichbar. Ihr wird vom Kurfürsten die Jagdbeute überbracht, der erlegte Sechzehnender. Der romantische, aber auch lüsterne und kecke Ton der Zeit des vierzehnten Ludwig lag über dem Ganzen, man konnte sich in Versailles wähnen, so treu war das Kostüm, so wohl arrangirt das Ganze.

Und ein neues Bild: Blüchers Uebcrgang über den Rhein. Klio schlägt zum letzten Male erläuternd das Buch der Geschichte auf und rnst dem Kaiser zu, nun folge die Zeit, die er selber geschrieben.Es wird in: deutschen Volke für und für lebendig bleiben Deine große Zeit." Ein ländliches Idyll entrollt sich. Vorbei ist der blutige Kampf der Freiheitskriege, des Bürgers Besitz und Frieden nicht mehr gestört. Ein clsäßcr Brautzug, von Dorfmnsikantcn eröffnet, erscheint. Sind das nicht die Gestatten, die Vautiers Pinsel uns so manchmal vor- geführt? Gewiß! Das ist die Braut mit der bräutlichen Krone, sind die Dirnen und Burschen in, Reigen. Aber auch dem aufwachsenden Geschlechte wird sein Platz. Der hungrige Schulmeister mit abgeschab­tem Cylindcrhnte und der Geige erscheint, hinter ihm, Fähnchen schwcn- lcnd, die Jugend, die sich aufstellt undDreimal Hoch! Der Kaiser soll leben!" aus vollem Halse schreit. Auch sie ziehen dahin. Des Rheines wunderbare Tranbenfüllc in Kufen und Körben wird von der Winzer heilerer Schar nun herangebracht; bei Stolzenfels, das im Hintergründe am Rheinstrome thront, da ziehen sic vorüber. Aber das heitere Bild verdüstert sich dumpfer Kanonendonner deutet die Zeit au, wo Deutschlands Stamme zum Schutze des heiligen Stromes

ffch einigen und mit kräftiger Faust den fränkischen Ueberfall zurück- weisen. Germanin tritt in die Mitte des Volkes und zieht das Schwert die Wolken schwinden.Da ward des deutschen Volkes lichter Tag" und mit den Klängen derWacht am Rhein" schließt das Festspiel.

Alte Bräuche in alten Mauern.

Jener alte Cistereienser von, Kloster Walkenried hat wohl gewußt, was er that, als er seinen Stecken an, Eingang in das Saalthal rasten ließ. Wenn sich irgendwo eine Statte finden ließ, ein friedlich stilles Leben zu führen, so war es hier, wo die riesigen Buchen und Erlen mit ihren schlanken Stämmen einen grünen gothischen Dom bildeten und wo der Verkehr mit der Außenwelt doch nicht so fern lag, daß man dem Leben und Treiben da draußen ganz entfremdet wurde. Und der alte Mönch legte Axt und Sage an und ebnete ein lauschiges Plätz­chen, und bald strahlte mitten hinein in das Waldesdnnket die ewige Lampe, welche er da angezündet, lvo fetzt auf dem Friedhof zu Schul- pforta mancher berühmte Name auf dem Grabsteine zu lesen ist. t'orta ooolsi Pforte des Himmels nannten die Walkenriedcr die junge Tochter und bald erhob sich sanft angelehnt an den Knabenberg, nmgeben von blühenden Weinbergen, durchströmt von einem Arme der Saale, den der Fleiß der Mönche hierher gelegt, das Kloster St. Mariä zu Pforta.

Das ist nun lange her - und wer heute in dem altersgrauen Krenzgange fröhliche Knaben herumspringen sieht, der gedenkt kaum noch der alten Gestalten in der weißen Eistercicnserkutte. Und doch ruhen in den, malerischen vom Krenzgange eingeschlvssenen Garten die Gebeine von 25 Generationen und über ihnen rauscht der Kastanien- baum und das fröhliche Toben deutscher Jungen. Von den Mönchen erzählt kein Lied, träumt nicht einmal die Sage und selbst da, wo in der schlanken Kirche die Grabsteine alter Aebtc ausgestellt sind, selbst da ist überall Licht und mittelalterliche Spukgestalten lassen sich nirgends blicken. Das macht: Pforta ist durch und durch protestantisch und wenn schon zum Entsetzen der Schüler die Klostermanern durch den grünen Wald schimmern und das öftere Klingen des Glöckchens an Hora und Vesper erinnern könnte der Geist, der in diesen Mauern waltet, ist nicht klösterlich.

Abgeschlossen übrigens von der Welt und doch mitten in dem wogenden Treiben, welches Tag für Tag durch das Snnlthal braust, angewiesen auf das stille Studirstübchen, auf den Umgang mit Gleich­gesinnten, auf den Schulgarten und den Berg im Sommer, ans den stillen Krenzgang im Winter, angeregt durch eine berühmte Vergangen heit, die sich hier abspielte, durch eine fröhliche Zukunft, wie sie dem Schnlerange vorschwebt ist der Pförtner Alumnus vor allen andern dazu veranlagt, abenteuerliche, geheimnißvolle Gebräuche zu kultiviren und kommenden Geschlechtern zu vererben.

So steht die Landesschule mit althergebrachten Sitten, mit mysti­schen Gebräuchen fast einzig da und wenn es dem Leser Freude be­reitet, möchte ich ihn in eines der wichtigsten Lebcnsclemente für den Pförtner Schüler einführen.

Kanin hat der Novize die Thränen getrocknet, welche er dem scheidenden Vater nachgeweint, so hat ihn schon der tolle Spuk erfaßt und unwiderstehlich in den fröhlichen Strudel getrieben, wird er fern von der Heimat in dem neuen Kreise bald heimisch. Singprobe! Impfung! -- welche Gefühle werden dabei im Herzen des Pförtners wach! Das ist überschänmende Lust, das ist so viel Schülerwitz und Alumnengeist, wie er niemals für eine deutsche Arbeit anfgeboten wird.

Sing probe?! Im Krenzgange stehen die Novizen am Abend des Reeeptionstnges halb neugierig, halb furchtsam. Die Geriebeneren haben freilich schon hie und da von der Singprvbe reden hören, aber nur dunkel und heimlich, wie ungefähr die griechischen Knaben etwas von den elensinischen Festen aufgefangcn haben unsicher scheint die